Normen, Metriken, Topologie
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Datei:Audio0 intro normen metrik topologie.ogg
Topologischer Raum
Ein Topologischer Raum ist der grundlegende Gegenstand der Teildisziplin Topologie der Mathematik. Durch die Einführung einer topologischen Struktur auf einer Menge lassen sich
- intuitive Lagebeziehungen wie „Nähe“ und
- „Konvergenz gegen“ aus den reellen Zahlen bzw. aus dem
auf viele und sehr allgemeine Strukturen übertragen (wie z.B. die Topologie von Funktionenräumen). Datei:Audio1 topologie abstraktion.ogg
Definition - Topologie
Eine Topologie ist ein Mengensystem bestehend aus Teilmengen (offene Mengen genannt) einer Grundmenge , für die die folgenden definierenden Eigenschaften erfüllt sind
- (T1)
- (T2) für alle .
- (T3) Für eine beliebige Indexmenge und für alle gilt: .
Eine Menge zusammen mit einer Topologie auf heißt topologischer Raum .
Datei:Audio2 def topologie.ogg
Bemerkung - abgeschlossene Mengen
Mit der Definition aller offenen Mengen in durch die Topologie sind auch alle abgeschlossenen Mengen als Komplement einer offenen Menge definiert.
Definition - offener Kern einer Menge
Sei in in dem topologischen Raum , dann ist der offene Kern als die "größte" in enthaltene offene Menge definiert:
Bemerkung - offener Kern
Da in der Defintion als Vereinigung von offenen Mengen dargestellt ist, ist offen nach Eigenschaft (T3).
Definition - Abschluss einer Menge
Sei in in dem topologischen Raum , dann ist der Abschluss als die "kleinste" abgeschlossene Menge definiert, die enthält:
Bemerkung - Abschluss einer Menge
Da in der Defintion als Schnitt von abgeschlossenen Mengen mit dargestellt ist, ist als Komplement einer beliebigen Vereinigung von offenen Mengen abgeschlossen:
Definition - Rand einer Menge
Sei eine Menge in dem topologischen Raum , dann der Rand einer Menge aus dem Abschluss der Menge ohne den offenen Kern von . Der Rand wird daher wie folgt definiert:
- .
Bemerkung
Die Mengen sind per Definition offen und wechselseitig bilden die beiden Mengen jeweils die Komplemente zu einander. Damit sind diese beiden Mengen zugleich offen und abgeschlossen. Daher haben die beiden Mengen keine Randpunkte.
Definition - Umgebung
Sei und eine Menge in einem topologischen Raum , dann heißt der Umgebung von , wenn eine offene Menge existiert mit:
Die Menge aller Umgebungen von bzgl. der Topologie wird mit bezeichnet. bezeichnet die Menge aller offenen Umgebungen von .
Definition - Umgebungsbasis
Sei und ein Mengensystem in einem topologischen Raum , dann heißt Umgebungsbasis von , wenn gilt:
- (B1)
- (B2) zu jeder Umgebung eine Umgebung mit
Beispiel
Die Menge der offenen -Umgebungen in mit der vom Betrag erzeugten euklidischen Topologie ist eine Umgebungsbasis von .
Bemerkung
Die Begriff der Umgebungsbasis hilft dabei, Konvergenzaussagen nur für die Umgebungsbasis nachzuweisen und damit auch die Aussagen für beliebige Umgebungen ebenfalls zu erhalten. In der Analysis verwendet man -Umgebungen in Definitionen ohne den topologischen Aspekt der Umgebungsbasis explizit zu thematisieren. Man hat die Aussagen streng genommen nicht für beliebige Umgebungen gezeigt hat, sondern nur für die Umgebungsbasis aus den -Umgebungen.
Definition - Basis der Topologie
Sei ein Mengensystem in einem topologischen Raum , dann heißt Basis von , wenn gilt:
- (BT1)
- (BT2) zu jeder offenen Menge gibt es eine offene Menge mit
Beispiel
Die Menge aller offenen Intervalle ist eine Basis der Topologie in dem topologischen mit der vom Betrag erzeugten euklidischen Topologie .
Bemerkung - Merkhilfe
Für die Unterscheidung der Begriffe
- "Umgebungsbasis" und
- "Basis der Topologie"
für einen topologischen Raum kann man folgende Merkhilfe aus der Terminologie ableiten.
Merkhilfe - Umgebungsbasis
Der Begriff "Umgebungsbasis" enthält den Begriff "Umgebung". Damit ist die Umgebungsbasis eine Teilmenge aller Umgebungen von einem Punkt .
Merkhilfe - Basis der Topologie
Der Begriff der "Basis der Topologie" bezieht auf die "Topologie" - also auf das System aller offenen Menge in dem Raum .
Konvergenz in topologischen Räumen
In der Analysis ist die Konvergenz von Folgen eine zentrale Definition, um darauf aufbauende Begriffe wie Stetigkeit, Differenz und Integrale zu definieren. Folgen mit als Indexmenge sind in allgemeinen topologischen Räumen ungeeignet Konvergenz zu definieren, da die Indexmenge bzgl. der Umgebungsbasis nicht mächtig genug ist. Dies ist nur dann möglich, wenn der topologische Raum eine abzählbare Umgebungsbasis besitzt. Daher geht man entweder zu Netzen oder Filtern über
Beispiel: Topologie auf Texten
In der Regel geht man davon aus, dass Topologien auf mathematischen Räumen definiert werden (z.B. Zahlenräume, Funktionenräume, (topologische) Gruppen, Vektorräume, ...). Die Allgemeinheit der Definition macht es aber auch möglich, eine Topologie auf Texten zu definieren. Dieses Beispiel wurde ergänzt, weil rein anschaulich z.B. Texte in der deutschen Sprache
- eine ähnliche Aussage haben können und
- unterschiedliche Wörter verwenden.
Diese Ähnlichkeit der Semantik oder auch Syntax wird als Übung in "Topologie auf Texten" näher untersucht.
Datei:Audio3 topologie texte.ogg
Ähnlichkeit von Wörter durch Metrik beschreiben
Stellen Sie von gesprochenen Wörtern die Buchstabenanzahl und die Menge der vorkommenden Buchstaben als Tabelle dar. Wie kann man aus der tabellarische Aufstellung einen Abstand von Wörtern ableiten. machen Sie dazu einen Vorschlag. Welche Eigenschaften hat die von Ihnen vorgeschlagene Abstandsfunktion. Ist es eine Metrik auf dem Raum der Wörter?
Aufgabe - Abstand zwischen Wörtern
- Betrachten Sie die Wörter "Eimer", "Eimr", "Eimerr". Wie können Sie die Unterschiede der Wörter durch eine Metrik ausdrücken
- Phonetische Ähnlichkeit Wörter "Aihmähr" und "Eimer" haben eine phonetische Ähnlichkeit, aber von der Sequenz von Buchstaben unterscheiden sich die Schreibweisen stark. Wie können Sie Ähnlichkeit von gesprochen Wörtern (Spracherkennung) durch eine phonetische Schreibweise notieren und in dieser Notation der Phoneme eine Ähnlichkeit der Wörter ebenfalls ausdrücken.
Klassifikation topologischer Räume
Bedeutung: Notation Topologie
- (T1) leere Menge und die Grundmenge sind offene Mengen
- (T2) für alle : Der Durchschnitt endlich vieler offener Mengen ist eine offene Menge.
- (T3) Die Vereinigung beliebig vieler offener Mengen ist wieder eine offene Menge.
Semantik: Metrik
Eine Metrik ordnet mit zwei Elementen aus einem Grundraum den Abstand zwischen und zu. Datei:Audio6 metrik abstand.ogg
Definition: Metrik
Sei eine beliebige Menge. Eine Abbildung heißt Metrik auf , wenn für beliebige Elemente , und von die folgenden Eigenschaften erfüllt sind:
- (M1) Trennung: ,
- (M2) Symmetrie: ,
- (M3) Dreiecksungleichung: .
Definition: Metrischer Raum
Sei auf eine Metrik, dann nennt bezeichnet mit eine metrischen Raum.
Aufgabe
Zeigen Sie, dass jeder metrische Raum ein Hausdorff-Raum ist.
Veranschaulichung: Metrik Dreiecksungleichung
Datei:Audio8 metrik dreiecksungleichung.ogg
Nicht-Negativität
Aus den drei Eigenschaften der Metrik folgt die Nicht-Negativität, d.h. für alle gilt. . Die Nicht-Negativität folgt aus den anderen Eigenschaften mit:
Datei:Audio9 nicht negativitaet.ogg
Definition - Halbmetrik
Sei eine beliebige Menge. Eine Abbildung heißt Pseudometrik, Halbmetrik oder Spanne, wenn für beliebige Elemente , und von die folgenden Bedingungen erfüllt sind:
- (HM1) ,
- (HM2) (Symmetrie) und
- (HM3) (Dreiecksungleichung).
Offene Mengen in metrischen Räumen
- In einem metrische Raum definiert man eine Menge als offen (d.h. ), wenn es zu jedem ein gibt, dass die -Kugel ganz in liegt (d.h. )
- Zeigen Sie, dass mit diesem definierten das Paar ein topologischer Raum ist (d.h. (T1), (T2), (T3) erfüllt).
Datei:Audio10 metrik topologischer raum.ogg
Norm auf Vektorräumen
Eine Norm ist eine Abbildung von einem Vektorraum über dem Körper der reellen oder der komplexen Zahlen in die Menge der nichtnegativen reellen Zahlen . Dabei ordnet die Norm jedem Vektor seine Länge zu.
Definition: Norm
Sei ein -Vektorraum und eine Abbildung Erfüllt die folgenden Eigenschaften N1,N2, N3, so heißt Norm auf .
- (N1) Definitheit: für alle ,
- (N2) absolute Homogenität: für alle und
- (N3) Dreiecksungleichung: für alle .
Definition Halbnorm
Gelten für ein Funktional nur die Bedingungen (N2) und (N3) dann nennt man dieses Funktional Halbnorm.
Bemerkung: N1
Das Eigenschaft (N1) ist eigentlich eine Äquivalenz und es gilt in jedem normierten Raum ( ist der Nullvektor in und ist die Null im Körper , wenn ein -Vektorraum ist).
- (N1)' Definitheit: für alle ,
- Da man für Definitionen ein Minimalitätsprinzip für die definierenden Eigenschaft verwendet, würde man keine stärkere Formulierung (N1)' in der Definition für (N1) verwenden, da die Äquivalenz aus den definierenden Eigenschaften der Norm den Eigenschaften des Vektorraumes bereits für jeden normierten Raum folgen.
Normierter Raum / Metrischer Raum
Ein normierter Raum ist zugleich auch ein metrischer Raum.
- Ein Norm ordnet einem Vektor seine Vektorlänge zu.
- Mit der Norm kann man über eine Metrik definieren, die den Abstand zwischen und angibt.
Datei:Audio12 norm metrik zusammenhang.ogg
Aufgabe: Metrik aus gegebener Norm generieren
Sei ein normierter Raum mit der Norm . Zeigen Sie, dass die definierte Abbildung mit die Eigenschaften einer Metrik erfüllt.
Notation: Norm
- In der Eigenschaft (N2) bezeichnet den Betrag des Skalars. ""-Zeichen: Äußere Verknüpfung im Vektorraum bzw. Multiplikation .
- gibt die Länge des Vektors an.
- In (N3) für alle . ""-Zeichen bezeichnet zwei unterschiedliche Verknüpfungen (d.h. Addition in bzw.
Datei:Audio13 notatin norm.ogg
Veranschaulichung: Norm Dreiecksungleichung
Datei:Audio14 norm dreiecksungleichung.ogg
Def: Konvergenz im normierten Raum
Sei ein normierter Raum und eine Folge in und :
Datei:Audio15 def konvergenz norm.ogg
Def: Konvergenz im metrischen Raum
Sei ein metrischer Raum und eine Folge in und :
Datei:Audio16 def konvergenz metrik.ogg
Def: Cauchy-Folgen in metrischen Räumen
Sei ein metrischer Raum und eine Folge in . heißt Cauchy-Folge in :
Äquivalenz: Normen
Seien zwei Normen und auf dem -Vektorraum gegeben. Die beiden Normen sind äquivalent, wenn gilt:
Zeigen Sie, dass eine Folge genau dann in konvergiert, wenn es auch bzgl. konvergiert. Datei:Audio17 aequivalenz normen.ogg
Äquivalenz von topologieerzeugende Funktionalen
Die Äquivalenz von Normen ist ein Spezialfall von topologieerzeugende Funktionalen, sogenannten Äquivalenz von Gaugefunktionalsystemen.
Betrag in komplexen Zahlen
Sei eine komplexe Zahl mit . Zeigen Sie, dass eine Norm auf dem -Vektorraum ist! Datei:Audio18 norm komplexe zahlen.ogg
Historische Anmerkung: Norm
Diese axiomatische Definition der Norm wurde von Stefan Banach 1922 in seiner Dissertation aufgestellt. Das heute übliche Normsymbol wurde erstmals von Erhard Schmidt 1908 als Abstand zwischen Vektoren und verwendet. Datei:Audio19 norm historische anmerkung.ogg
Aufgaben
In den folgenden Aufgaben geht es darum, definierende Eigenschaften einer Norm, einer Metrik oder allgemein eines topologischen Raumes nachzuweisen.
Aufgabe: Metrische Räume
Zeigen Sie, dass die folgende Abbildung auf mit als Menge der stetigen Abbildungen von dem Intervall nach eine Metrik ist.
- mit
Weisen Sie also die 3 Eigenschaften einer Metrik nach. Berechnen Sie dann den Abstand zwischen den beiden Funktionen und mit und mit !
Optionale Aufgabe: Normierte Räume
Zeigen Sie, dass der metrische Raum mit
nicht vollständig ist. Betrachten Sie dazu z.B. stetige Funktionen, die stückweise aus linearen und konstanten Funktionen definiert sind.
Funktionenfolge definieren
Sei und definieren Sie eine Funktionenfolge mit expliziten Funktionen mit Funktionsterm.
- für alle für alle .
- für alle .
- der Graph von interpoliert die Punkte bzw. und .
Zeigen Sie, dass eine Cauchy-Folge in dem oben definierte Funktionenraum ist und die Folge keinen Grenzwert in besitzt.
Aufgabe: Topologische Räume
Betrachten Sie als Grundmenge des toplogischen Raumes das Intervall und die Mengen , die die Topologie enthalten soll. Erweitern Sie die Erzeugermenge minimal mit weiteren Menge, damit mit zu einem topologischen Raum wird.
- besteht aus 3 offenen Intervallen
- besteht aus 2 offenen Intervallen
- , wobei der Erzeuger der Topologie alle Einpunktmengen aus enthalten soll.
Quiz
Siehe auch
- Topologie auf Texten
- Gaugefunktionale in topologischen Vektorräumen
- Äquivalenz von Gaugefunktionalsystemen
- Netze (Mathematik)
- Hausdorff-Raum
- Grenzen des Folgenbegriffs
- Korrespondenz-Lemma für p-Halbnormen
- Polynomalgebren
- Epidemiologische Distanzen
- Normenäquivalenzsatz
- Topologische Algebra
- COVID-19/Mathematische Modellbildung - für epidemiologische Distanzen im Unterschied zu euklidischen Distanzen in einem Vektorraum.
- Kurs:Topologische Invertierbarkeitskriterien
- Konvexkombination
- Cauchy-Folgen
- Kurs:Maßtheorie auf topologischen Räumen
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