Netze (Mathematik)

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Einführung Netze

Für die Verallgemeinerung der Sätze braucht man ein allgemeineres Konzept der Konvergenz. Im Folgenden sollen zwei solcher Konzepte vorgestellt werden. Das erste ist das Konzept des Netzes, das man auch Moore-Smith Folge nennt. Ein alternatives Vorgehen bietet die Erweiterung des Folgenbegriffes durch Filter.

Definition: gerichtete Menge

Eine Menge I zusammen mit einer Relation heißt gerichtet, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

  • es gilt ii für alle iI (Reflexivität)
  • wenn i1i2 und i2i3 gilt, dann ist auch i1i3 (Transitivität)
  • zu je zwei Elementen i1,i2I gibt es ein Element i3 mit i1i3 und i2i3.

Bemerkung: Netz und gerichtete Menge

Den Begriff des Netzes zusammen mit einer gerichteten Menge als Indexmenge des Netzes kann man sich auch als topologisches Netz vorstellen. In der Abbildung wird ein Knoten N1 als Bezugsknoten ausgewählt. In dem dargestellten Netz sind die grünen Verbindungen Teilbereiche des Netzes, die größer sind als N1, und über die roten Verbindungen sind Teilbereiche des Netzes gekennzeichnet, die kleiner sind als N1. Die Knoten N12 und N13 stehen in keiner -Beziehung von N1.

Veranschaulichung: Netz

Der rot markierte Bereich der Verbindungen im Netz markiert die Verbindung zu kleineren Elementen zu N1 und die grün markierten Verbindungen zu größeren Elementen.

Gerichtete Menge und Netz

N12 und N13 steht in keiner - bzw. -Beziehung zu N1.

Beispiele

  • Die Menge der natürlichen Zahlen mit der üblichen Ordnung ist gerichtet.
  • Die reellen Zahlen mit der üblichen Ordnung sind ebenfalls gerichtet.

Definition: Netz

Sei X eine beliebige Menge. Ein Netz in X ist eine Abbildung ϕ:IX von einer gerichteten Menge I in die Menge X.

Bemerkung: Indexmenge

  • Die Abbildung ϕ aus der vorstehenden Definition ist eine Vorschrift, die jedem Element iI einen Wert ϕ(i)=xiX zuordnet.
  • Man kann daher die gerichtete Menge I als Indexmenge auffassen und schreibt für das Netz auch (xi)iI.

Schreibweise

Aus dieser Schreibweise wird auch ersichtlich, warum wir den gerichteten Mengen den Namen I gegeben haben. Der Begriff Folge aus der Bezeichnung Moore-Smith Folge ist ebenfalls leichter ersichtlich.

Folgen als Netze

Nimmt man die natürlichen Zahlen als gerichtete Menge, so ist ein Netz ϕ:X, oder in gewohnter Schreibweise (xn)n, nichts anderes als eine Folge in X.

Menge als Index

Sei nun X ein topologischer Raum, xoX und 𝒰(xo) die Menge aller Umgebungen von xo. Sei die Relation gegeben durch U1U2, wenn U2U1 gilt. Dann ist 𝒰(xo) eine gerichtete Menge. Wählt man für jede Umgebung U von x einen Punkt xuU aus, so bildet die Familie (xu)U𝒰(x) ein Netz, das gegen x konvergiert.

Konvergenz über Netze

Sei (X,𝒯) eine topologischer Raum, x0X und (xi)iIXI ein Netz in X mit einer Indexmenge I, die nach oben gerichtet ist und eine partielle Ordnung besitzt. Die Konvergenz über Netze wird wie folgt definiert:

limi𝒯xi=x0:(xi)iI𝒯x0:U𝔘𝒯(x0)iUIi iU:xiU

Dabei bezeichnet "" in "iiU" die partielle Ordnung auf der Indexmenge I.

Bemerkung: konvergentes Netz

Bei einem topologischen Raum (X,𝒯) und einem Netz (xi)iI muss die Definition der Konvergenz in Analogie zur Konvergenz in n dafür sorgen, dass die Glieder des Netzes xiX ab einer Indexschranke in eine ε-Umgebung liegen.

  • Im Allgemeinen hat man aber keinen normierten Raum vorliegen, in dem man z.B. über die Norm auch eine ε-Umgebung definieren kann.
  • Das Netz heißt konvergent gegen den Punkt xoX, wenn es für jede Umgebung U von xo ein iUI gibt, so dass xiU für alle iI mit iiU.

Konvergenz für topologische Vektorräume

Die Topologie von topologische Vektorräumen können über Gaugefunktionalsysteme (siehe Topologisierungslemma für Algebren). Für topologische Vektorräume entfällt lediglich die Submultiplikativität bei auf eine Algebra definierten Multiplikation.

Definition - Konvergenz über Gaugefunktionalsysteme

Sei (A,𝒜) ein topologischer Vektorraum mit dem basiserzeugenden System von Gaugefunktionalen 𝒜. Die Konvergenzaussage für Netze in der Topologie wird über Gaugefunktionalsysteme wie folgt definiert.

limi𝒜xi=xo:α𝒜,δ>0i(α,ε)Iii(α,ε):xixoα<ε

Gaugefunktionale und partielle Ordnung

Die Indexmengen I der Netze werden in Abhängigkeit von der Indexmenge der Gaugefunktionale gewählt. I:=𝒜×+ ist dabei eine geeignete Wahl.

Definition - Partielle Ordnung auf der Indexmenge

Die partielle Ordnung (I,) auf der Indexmenge I ist dabei mit i1:=(α1,ε1) und i2:=(α2,ε2)wie folgt definiert:

i1i2:ε1>ε2xX:xα1<xα2

Man beachte ε1>ε2. Dies liegt an dem Zusammenhang, dass man für "kleinere" ε größere Indexschranken i(α,ε)I benötigt, damit für ii(α,ε) die Bedingung xixoα<ε eingehalten werden kann.

Definition - Partielle Ordnung für Gaugefunktionale

Die Eigenschaft xX:xα1<xα2 erlaubt auch eine Definition einer partiellen Ordnung für Gaugefunktionale.

α1α2:xX:xα1<xα2

Über das Maximum von zwei bzgl. der partiellen Ordnung nicht vergleichbare Gaugefunktionale erhält man ein dominierendes Gaugefunktional α3 mit:

xα3:=max{xα1,xα2}

auch die Bedingung α1α3 und α2α3.

Zusammenhang Filter und Netze

In allgemeinen topologischen Räumen wird die Topologie durch das System von offenen Mengen 𝒯 definiert. Daher ist es naheliegend auch den Konvergenzbegriff mengentheoretisch zu beschreiben. Dies erfolgt über den Begriff eines Filters, der selbst wie die Topologie ein Mengensystem in dem Grundraum ist (d.h. ein Filter ist eine Teilmenge der Potenzmenge (X) in einem topologischen Raum (X,𝒯X)).

Frechet-Filter

Sei (X,𝒯) ein topologischer Raum, x0X und x:=(xi)iIXI ein Netz in X mit einer Indexmenge I.

  • Dann fasst man zu jedem Index ioI alle Elemente xiX zu einer Menge Bio zusammen, die bzgl. der partiellen Ordnung auf I einen größeren Index haben (i.e. iio).
  • Das Mengensystem :={Bio:ioI} ist eine Filterbasis,
  • Der zugehörige erzeugte Filter x:= nennt man Frechet-Filter des Netzes x:=(xi)iIXI.

Aufgabe für Studierende

Betrachten Sie die unten stehenden Definitionen für Filter und weisen Sie nach, dass der Frechet-Filter die Eigenschaften (F1) und (F2) aus der Filterdefinition erfüllt.

Mengenfilter

Ein wichtiger Spezialfall eines Filters findet man in der Topologie mit den Mengenfiltern. Man geht in diesem Fall von der durch die Mengeninklusion definierten partiellen Ordnung (Halbordnung) auf der Potenzmenge (𝒫(X),) auf einer beliebigen nichtleeren Menge X aus. Auf dem Grundraum ist in der Regel eine Topologie 𝒯X definiert, die (X,𝒯X) zum einem topologischen Raum macht.

Definition - Filter (Topologie)

Eine echte Teilmenge 𝒫(X) ist genau dann ein Mengenfilter oder Filter, wenn folgende Eigenschaften erfüllt sind:

  • (F1) und X,
  • (F2) F,G  FG (durchschnittstabil),
  • (F3) F,GF  G (obenmengenstabil).

Definition - Ultrafilter (Topologie)

Ein Mengenfilter, für den gilt

FXFXF,

heißt Ultrafilter.

Bemerkung - Ultrafilter

Ein Ultrafilter ist also ein Mengensystem, bei dem jede Teilmenge FX zum Filter gehört oder das Komplement in dem Filter 𝒫(X) enthalten ist.[1]

Beispiele - Mengenfilter

  • C:={MXCM} heißt der von CX erzeugte Hauptfilter.
  • Ist (X,τ) ein topologischer Raum mit Topologie τ, dann heißt 𝒰(x):={UXOτ:OUxO} Umgebungsfilter von x.
  • Ist S eine unendliche Menge, dann heißt {MSSM endlich} Fréchet-Filter der Menge S.

Definition - Filterbasis

Ist ein nichtleeres Mengensystem von 𝒫(X) mit folgenden Eigenschaften

  • und
  • B1,B2 B3:B3B1B2,

so heißt Filterbasis in X.

Definition - Erzeugter Filter einer Filterbasis

Sei eine Filterbasis in X. Das Mengensystem erzeugt auf natürliche Weise einen Filter

:=:={MXB:BM}. Dieser heißt der von erzeugte Filter.

Bemerkung - Filterbasis - Obermengenstabilität

Die Obermengenstabilität eines Mengenfilters (F3) fehlt bei der Definition der Filterbasis. Ein ähnliches Konzept nutzt man ohne größere topologische Überlegungen bereits in der Analysis, wenn man Konvergenz über ε-Umgebungen beschreibt. Streng genommen müsste man für den Konvergenznachweis einer Folge (an)n gegen a0 für jede beliebige Umgebung U von a0 eine Indexschranke nU finden, ab der alle an in U mit nnU liegen. Da die ε-Umgebungen (aoε,ao+ε) eine Filterbasis der Umgebungsbasis von ao darstellen und jede Umgebung eine Menge aus der Filterbasis enthält, muss man die Konvergenz nur für ε-Umgebungen definieren.

Definition - Bildfilter

Ist f:XY eine Abbildung zwischen zwei nichtleeren Mengen und ein Filter auf X, so bezeichnet f() den von der Filterbasis {BYF:f(F)=B} erzeugten Filter. Dieser heißt Bildfilter von f.[2]

Anwendungen in der Topologie

In der Topologie ersetzen Filter und Netze die dort für eine befriedigende Konvergenztheorie unzureichenden Folgen. Insbesondere die Filter als sich verengende Mengensysteme haben sich hier als gut geeignet zur Konvergenzmessung erwiesen.[3] Man erhält auf diesem Wege oft analoge Sätze zu Sätzen über Folgen in metrischen Räumen.

Definition - Konvergenz von Filtern

Ist (X,τ) ein topologischer Raum, heißt ein Filter genau dann konvergent gegen ein xX, wenn 𝒰(x), d.h., wenn feiner ist als der Umgebungsfilter 𝒰(x) von x, d.h. alle (es genügen offene) Umgebungen von x enthält. Schreibweise: x. Von der Verfeinerung von Zerlegungen spricht man besonders im Zusammenhang mit Integrationstheorien.

Bemerkung - Stetigkeit von Abbildungen

So ist zum Beispiel eine Abbildung f:XY zwischen zwei topologischen Räumen genau dann stetig, wenn für jeden Filter mit x gilt, dass f()f(x).

Eindeutigkeit des Grenzwertes von Filtern

In einem nicht-hausdorffschen Raum kann ein Filter gegen mehrere Punkte konvergieren. Hausdorff-Räume lassen sich sogar gerade dadurch charakterisieren, dass in ihnen kein Filter existiert, welcher gegen zwei verschiedene Punkte konvergiert.[4]

Siehe auch

Quellennachweise

  1. Stefan Bold: AD und Superkompaktheit, Mathematisches Institut der Rheinischen Friedrich-Wilhelm-Universität Bonn, April 2002, Seite 2–3
  2. Analog für Ideale.
  3. Führer: Allgemeine Topologie mit Anwendungen. 1977, S. 9.
  4. Schubert: Topologie. 1975, S. 44.

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