Kurs:Nichtlineare Partielle Differentialgleichungen/Nichtlineare partielle Differentialgleichungen

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§1 Die Fundamentalformen und Krümmungen einer Fläche

Satz 1 (Eulersche Formel für die Normalkrümmung)

Die Normalkrümmung der Fläche in Richtung 𝔶=cosϑ𝔢1(u,v)+sinϑ𝔢2(u,v) wird gegeben durch
(1) Q(𝔶)=κ1(u,v)cos2ϑ+κ2(u,v)sin2ϑ.
Ist κ1(u,v)κ2(u,v) erfüllt, so wird die Normalkrümmung in Richtung 𝔢1(u,v) minimiert und in Richtung 𝔢2(u,v) maximiert.

Definition 1

Einen Punkt 𝔵(u,v) der Fläche 𝔵 nennen wir Nabelpunkt, falls κ1(u,v)=κ2(u,v) erfüllt ist.

Definition 2

Wir erklären die Gaußsche Krümmung der Fläche als
(2) K(u,v):=κ1(u,v)κ2(u,v)=detW(u,v),(u,v)Ω.
Unter der mittleren Krümmung verstehen wir
(3) H(u,v):=12(κ1(u,v)+κ2(u,v))=12SpW(u,v),(u,v)Ω.

§2 Zweidimensionale parametrische Integrale

Satz 1 (Rellich)

Eine gemäß
(1) 𝔵u𝔵v=0=|𝔵u|2+|𝔵v|2 in Ω
konform parametrisierte Fläche 𝔵=𝔵(u,v):Ω3 hat genau dann die vorgeschriebene mittlere Krümmung H=H(𝔵), wenn sie dem H-Flächensystem
(2) Δ𝔵(u,v)=2H(𝔵)𝔵u𝔵v
genügt.

Satz 2 (Lagrange-Gauß)

Der Graph z=ζ(x,y),(x,y)Ω hat genau dann die vorgeschriebene mittlere Krümmung H=H(x,y,z), wenn ζ die nicht parametrische Gleichung vorgeschriebener mittlerer Krümmung
(3) ζ:=(1+ζy2)ζxx2ζxζyζxy+(1+ζx2)ζyy=2H(𝔵)1+|ζ(x,y)|23 in Ω
erfüllt.

§3 Quasilineare hyperbolische Differentialgleichungen und Systeme zweiter Ordnung (Charakteristische Parameter)

Satz 1 (Lineare hyperbolische Differentialgleichungen)

Für die hyperbolische Differentialgleichung
(1) 0=a(x,y)ζxx(x,y)+2b(x,y)ζxy(x,y)+c(x,y)ζyy(x,y)+d(x,y,ζ(x,y),ζ(x,y)) in Ω
mit
(2) a(x,y)c(x,y)b(x,y)2<0 in Ω
gibt es eine Variablentransformation
ξ=ξ(x,y),η=η(x,y)C2(𝒰(x0,y0)),
ξ0=ξ(x0,y0),η0=η(x0,y0),(ξ,η)(x,y)0 in 𝒰(x0,y0)
mit der Umkehrabbildung x=x(ξ,η),y=y(ξ,η)C2(𝒰(ξ0,η0))
mit
Q(ξ)=0=Q(η) in 𝒰(x0,y0).
Die Differentialgleichung erscheint dann in der hyperbolischen Normalform
(3) zξη(ξ,η)={1B(x,y)D(x,y,z,p,q)}|x=x(ξ,η)y=y(ξ,η)
und die Parametertransformation x=x(ξ,η),y=y(ξ,η) genügt dem System
(4) yξλ+xξ=0,yηλxη=0
erster Ordnung.

Satz 2 (Hyperbolische Normalform für quasilineare Differentialgleichungen)

Die quasilineare Differentialgleichung
(5) ζ(x,y):=a(x,y,ζ(x,y)ζ(x,y))ζxx(x,y)+2b()ζxy(x,y)+c()ζyy(x,y)+d(x,y,ζ(x,y)ζ(x,y))=0in Ω,
welche gemäß
a(x,y)c(x,y)b(x,y)2<0 in Ω
hyperbolisch bezüglich ihrer Lösung z=ζ(x,y) ist, kann durch die lokale Parametertransformation auf die charakteristischen Parameter äquivalent überführt werden in das System erster Ordnung
(6) yξλ+xξ=0,yηλxη=0
(6) pξ+λqξ+daxξ=0,pη+λ+qη+daxη=0
(6) zξpxξqyξ=0.
Für die Funktion 𝔶(ξ,η):=(x(ξ,η),y(ξ,η),z(ξ,η),p(ξ,η),q(ξ,η)) ergibt sich ein hyperbolisches System zweiter Ordnung
(7) 𝔶ξη(ξ,η)=𝔥ξη(ξ,η,𝔶(ξ,η),𝔶ξ(ξ,η),𝔶η(ξ,η)),
wobei die rechte Seite quadratisch in den ersten Ableitungen xξ,yξ,,pη,qη ist.

Beweis

1. Ausgehend von einer Lösung (6) wollen wir die Gültigkeit der Differentialgleichung (1) zeigen. Zunächst liefern die ersten beiden Gleichungen aus (6) wegen

(xξxηyξyη)=(ξxξyηxηy)1=(x,y)(ξ,η)(ηyξyηxξx)

die Beziehungen

ηx+λ+ηy=0,ξx+λξy=0.

Somit folgt

zxx=px=pξξx+pηηx=(λqξ+daxξ)ξx(λ+qη+daxη)ηx
=(λ++λ)(qξξx+qηηx)λ+λ(qξξy+qηηy)da=2bazyxcazyyda,

woraus sich azxx+2bzxy+czyy+d=0 ergibt.

2. Differenzieren wir alle Gleichungen von (6), in denen nur ξ-Ableitungen vorkommen, nach η und umgekehrt, so erhalten wir

(8) λ+xξη+yξη=
(8) λxξη+yξη=
(8) daxξη+pξη+λqξη=
(8) daxξη+pξη+λ+qξη=
(8) pxξηqyξη+zξη=

Auf der rechten Seite stehen nur quadratische Terme in den ersten Ableitungen von x,y,z,p,q. Wir fassen (8) als lineares Gleichungssystem in den Unbekannten xξη,yξη,zξη,pξη,qξη auf. Die Koeffizientenmatrix dieses Systems ist nicht singulär wegen

(9) |λ+1000λ1000da001λda001λ+pq100|=4b2aca20.

Somit können wir das System (8) in der Form (7) auflösen.

q.e.d.

§4 Das Cauchysche Anfangswertproblem für quasilineare hyperbolische Differentialgleichungen und Systeme zweiter Ordnung

§5 Die Riemannsche Integrationsmethode

Definition 1

Die Funktion v(ξ,η)=:R(ξ,η;x,y) heißt Riemannsche Funktion, falls folgendes gilt:
  1. v genügt der Differentialgleichung v=0 in T(x,y).
  2. Wir haben v(x,y)=R(x,y;x,y)=1.
  3. Längs BP^ gilt vy+av=0 bzw. v(x,η)=exp{yηa(x,t)dt}.
  4. Längs PA^ gilt vx+bv=0 bzw. v(ξ,y)=exp{xξb(t,y)dt}.

Satz 1 (Riemannsche Integrationsmethode)

Eine Lösung der hyperbolischen Differentialgleichung u(ξ,η)=h(ξ,η) kann mit Hilfe ihrer Riemannschen Funktion R(ξ,η;x,y) wie folgt durch ihre Cauchydaten dargestellt werden: Für P=(x,y) gilt
u(P)=u(A)R(A;P)T(x,y)R(ξ,η;P)h(ξ,η)dξdη+Γ(x,y){(Rη(ξ,η;P)h(ξ,η)+auR)ν1+(Ruξ+bRu)ν2}dσ.

§6 Das Bernsteinsche Analytizitätstheorem

Satz 1 (Analytizitätstheorem von S. Bernstein)

Sei eine Lösung 𝔵=𝔵(u,v)=(x1(u,v),,xn(u,v)):BnC3(B,n) des Differentialgleichungsproblems
(1) Δ𝔵(u,v)=𝔉(u,v,𝔵(u,v),𝔵u(u,v),𝔵v(u,v)),(u,v)B
mit der reellanalytischen rechten Seite
(2) 𝔉:𝒪n
bzw.
(3) 𝔉=𝔉(u,v,z1,,zn,p1,,pn,q1,,qn):𝒪nC1(𝒪,n)
mit
(4) 𝔉u𝔉v𝔉z1𝔉zn𝔉p1𝔉pn𝔉q1𝔉qn0
gegeben. Dann ist 𝔵 reellanalytisch in B.

Beweis

Mit den oben eingeführten Bezeichnungen gehen wir aus von einer Lösung 𝔵=𝐱(α,γ):BnC3(B,n) des Differentialgleichungssystems

(5) 𝐱αα(α,γ)+𝐱γγ(α,γ)=𝐅(α,γ,𝐱,𝐱α(α,γ),𝐱γ(α,γ)) in B.

Wir betrachten das Cauchysche Anfangswertproblem

(6) 𝐱ββ(α,β,γ)+𝐱γγ(α,β,γ)=𝐅(α,β,γ,𝐱,i𝐱β,𝐱γ) in ,𝐱(α,0,γ)=𝐱(α,γ) in B,𝐱β(α,0,γ)=i𝐱α(α,γ) in B

zum Parameter α. Hierbei ist 3 eine geeignete offene Menge mit B. Gemäß §4 hat (6) eine lokal eindeutige Lösung 𝐱=𝐱(α,β,γ), da die charakteristischen Kurven der Differentialgleichung aus B herausführen. Wir bemerken, dass die Lösung differenzierbar vom Parameter α abhängt. Es sei nun u:=α+iβ. Wir können nun den Operator

u=12(α+iβ)

auf die Differentialgleichung in (6) anwenden. Wir erhalten dann für die Funktion

𝐲(α,β,γ)=(y1(α,β,γ),,yn(α,β,γ)):=𝐱u(α,β,γ)

das Differentialgleichungssystem

(7) 𝐲ββ(α,β,γ)+𝐲γγ(α,β,γ)=j=1n{𝐅zjyji𝐅pjyj,β+𝐅qjyj,γ} in .

Offenbar ist wegen (6)

(8) 𝐲(α,0,γ)=12(𝐱α(α,0,γ)+i𝐱β(α,0,γ))=12(𝐱α(α,γ)+ii𝐱α(α,γ))=0 in B

richtig. Weiter berechnen wir mit (6) und (5)

𝐲β(α,0,γ)=12(𝐱αβ(α,0,γ)+i𝐱ββ(α,0,γ))
=12(𝐱αβ(α,0,γ)+i𝐱γγ(α,0,γ)i𝐅(α,0,γ,𝐱,𝐱α,𝐱γ))=12(𝐱αβ(α,0,γ)i𝐱αα(α,γ))
=12α(𝐱β(α,0,γ)i𝐱α(α,γ))=0 in B,

also

(9) 𝐲β(α,0,γ)=0 in B.

Das homogene Cauchysche Anfangswertproblem (7)–(9) ist eindeutig lösbar durch 𝐲(α,β,γ)0 in und es folgt

(10) 𝐱u(α,β,γ)0 in .

2. Wir setzen nun 𝐱 von auf 2 fort. Dazu lösen wir das Cauchysche Anfangswertproblem

(11) 𝐱αα(α,β,γ,δ)𝐱δδ(α,β,γ,δ)=𝐅(α,β,γ,δ,𝐱,𝐱α,i𝐱δ) in ,𝐱(α,β,γ,0)=𝐱(α,β,γ) in ,𝐱δ(α,β,γ,0)=i𝐱γ(α,β,γ) in .

Die Lösung hängt differenzierbar von den Parametern β,γ ab und höhere Regularität folgt wieder wie in §4. Wir betrachten zunächst die Funktion

𝐲(α,β,γ,δ)=(y1(α,β,γ,δ),,yn(α,β,γ,δ)):=𝐱u(α,β,γ,δ).

Diese genügt wegen (11) dem hyperbolischen System

(12) 𝐲αα(α,β,γ,δ)𝐲δδ(α,β,γ)=j=1n{𝐅zjyj+𝐅pjyj,αi𝐅qjyj,δ} in

und erfüllt wegen (10) die Anfangsbedingungen

(13) 𝐲(α,β,γ,0)=12(𝐱α(α,β,γ,0)+i𝐱β(α,β,γ,0))=𝐱u(α,β,γ)=0 in

und

(14) 𝐲δ(α,β,γ,0)=12(𝐱αδ(α,β,γ,0)+i𝐱βδ(α,β,γ,0))=iγ𝐱u(α,β,γ)=0 in .

Aus (12) – (14) folgt 𝐲(α,β,γ,δ)=0 in bzw.

(15) 𝐱u(α,β,γ,δ)0 in .

Schließlich untersuchen wir die Funktion

𝐳(α,β,γ,δ)=(z1(α,β,γ,δ),,zn(α,β,γ,δ)):=𝐱v(α,β,γ,δ),

welche wegen (11) dem folgenden Differentialgleichungssystem genügt:

(16) 𝐳αα(α,β,γ,δ)𝐳δδ(α,β,γ)=j=1n{𝐅zjzj+𝐅pjzj,αi𝐅qjzj,δ} in .

Wir berechnen für 𝐳 die Anfangsbedingungen

(17) 𝐳(α,β,γ,0)=12(𝐱γ(α,β,γ,0)+i𝐱δ(α,β,γ,0))=12(𝐱γ(α,β,γ)+ii𝐱γ(α,β,γ))=0 in

und

(18) 𝐳δ(α,β,γ,0)=12(𝐱γδ(α,β,γ,0)+i𝐱δδ(α,β,γ,0))=γ12(𝐱δ(α,β,γ,0)i𝐱γ(α,β,γ,0))=0 in ,

wobei wir (11) und (5) benutzt haben. Gleichung (5) gilt nämlich wegen (10) auch in . Aus (16) – (18) schließen wir nun 𝐳(α,β,γ,δ)0 in bzw.

(19) 𝐱v(α,β,γ,δ)0 in .

Wir haben also die Lösung 𝐱=22 von (5) zu einer Funktion 𝐱=𝐱(α,β,γ,δ):n fortgesetzt, die wegen (15) und (19) holomorph in den Variablen u=α+iβ und v=γ+iδ ist. Somit ist

𝐱(α,γ)=𝐱(α,β,γ,δ)|β=δ=0

reell analytisch in α und γ.

q.e.d.