Kurs:Funktionentheorie/Zyklus

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Einführung

Kette und Zyklus sind mathematische Objekte, die in der Funktionentheorie betrachtet werden, aber auch als Spezialfälle in der algebraischen Topologie auftreten. Die Kette ist eine Verallgemeinerung einer Kurve und der Zyklus ist eine Verallgemeinerung einer geschlossenen Kurve. Sie werden in Funktionentheorie vor allem im Bereich der Integration verwendet.

Definitionen

Kette

Unter einer Kette auf einer Menge G versteht man eine endliche ganzzahlige Linearkombination von Wegen γ1,γk

Γ:=i=1kniγini mit .

γ1,γk sind allgemein stetige Kurven in G

Integration über eine Kette

Sei f:G integrabel und Γ eine Kette von stückweise stetig differenzierbaren Wegen (Integrationwegen) γ1,γk in G, dann ist das Integral über die Kette Γ durch

Γf(z)dz:=i=1kniγif(z)dz

definiert.

Definition: Zyklus

Version 1: Ein Zyklus ist eine Kette Γ:=i=1kniγi, bei der jeder Punkt a unter Berücksichtigung der Vielfachheit ni genauso oft als Anfangs- wie als Endpunkt der Kurven γi auftritt.

Version 2: Ein Zyklus ist eine Kette Γ:=i=1kniγi von geschlossenen Wegen γ1,γk.

Zusammenhange Version 1 - Version 2

Version 2 ist für die Funktionentheorie eine wesentliche Eigenschaft. Mit den Eigenschaften von Version 1 lässt sich jeder Zyklus Γ:=i=1kniγi in eine Kette Γ^:=i=1mn^iγ^i aus geschlossenen Wegen γ^1,γ^m. Besteht die stückweise stetig differenzierbaren Wegen γ1,γk so sind auch die geschlossenen Wegen γ^1,γ^m stetig differenzierbar und es gilt für alle holomorphen Funktionen f:G

Γf(z)dz=Γ^f(z)dz


Spur eines Weges

Die Spur ist eines Weges γ:[a,b]𝔾 ist definiert als

Spur(γi):=Bild(γ):={γ(t)|t[a,b]}

Spur eines Zyklus/Kette

Die Spur eine Kette Γ ist die Vereinigung der Bilder der einzelnen Kurven, d.h.

Spur(Γ):=i=1NBild(γi).

Ist Spur(Γ) eine Teilmenge von G, dann heißt Γ ein Zyklus in G genau dann, wenn die Spur SpurΓG in G liegt.

Umlaufzahl

Die Umlaufzahl wird analog zu der einer geschlossenen Kurve definiert, nur unter Verwendung des oben definierten Integrals, d. h. für z∉SpurΓ schreibt man

n(Γ,z):=12πiΓdζζz.

Innere umrundete Punkte eines Zyklus

Das Innere (Interior) eines Zyklus sind genau diejenigen Punkte, für die die Windungszahl nicht verschwindet:

Int(Γ):={zSpurΓ:n(Γ,z)0}

Äußere Punkte eines Zyklus

Analog dazu ist das Äußere (Exterior) genau die Menge der Punkte, für die die Windungszahl verschwindet:

Ext(Γ):={zSpurΓ:n(Γ,z)=0}

Nullhomologer Zyklus

Ein Zyklus heißt nullhomolog für eine Menge G genau dann, wenn das Innere IntΓ vollständig in G liegt. Dies ist genau dann der Fall, wenn die Umlaufzahl für alle Punkte aus G verschwindet.

Homologe Zyklen

Zwei Zyklen Γ1, Γ2 heißen homolog in G genau dann, wenn ihre formale Differenz Γ1Γ2 nullhomolog in G ist.

Integralsätze

Die Ketten und Zyklen sind in der Funktionentheorie deshalb wichtig, weil man wie schon angesprochen mit ihnen das Kurvenintegral verallgemeinern kann. Insbesondere kann das Integral über einen Zyklus als Verallgemeinerung des geschlossenen Kurvenintegrals verstanden werden. Der Cauchysche Integralsatz, die Cauchysche Integralformel und der Residuensatz können für Zyklen bewiesen werden.

Bezug zur Homologietheorie

Um anzudeuten, dass Kette und Zyklus Spezialfälle aus der Homologietheorie der algebraischen Topologie sind, spricht man auch von der 1-Kette und dem 1-Zyklus[1]. In der algebraischen Topologie selbst hat sich anstatt des Begriffs 1-Zyklus der Begriff 1-Zykel beziehungsweise p-Zykel durchgesetzt.[2] Außerdem ist zu beachten, dass der Plural von der Zyklus die Zyklen, der Plural von der Zykel jedoch die Zykel heißt.

Einordnung in die Homologietheorie

Bei den Begriffen der Kette und des Zyklus handelt es sich um Spezialfälle von Objekten der Topologie. In der algebraischen Topologie betrachtet man Komplexe von p-Ketten und bildet daraus Homologiegruppen. Diese Gruppen sind Invarianten in der Topologie. Eine sehr wichtige Homologietheorie ist die der singulären Homologiegruppen.

1-Kette des singulären Komplexes

Eine Kette, wie sie hier definiert wurde, ist eine 1-Kette des singulären Komplexes, der ein bestimmter Kettenkomplex ist. Der im Abschnitt zum Zyklus definierte Operator :C1(X)Div(X) ist der erste Randoperator des singulären Komplexes und die Gruppe der Divisoren ist daher identisch mit der Gruppe der 0-Ketten. Die Gruppe der Zyklen definiert als der Kern des Randoperators ist ein 1-Zykel im Sinn des singulären Komplexes.

Algebraischen Topologie

Neben dem Kern des Randoperators betrachte man in der algebraischen Topologie auch das Bild dieses Operators und konstruiert aus diesen beiden Mengen eine entsprechende Homologiegruppe. Im Fall des singulären Komplexes erhält man die singuläre Homologie. In diesem Kontext haben auch die zuvor definierten Begriffe homologe Kette und nullhomologe Kette eine abstraktere Bedeutung.


Siehe auch

Quellen

  • Vorlage:Literatur
  • Otto Forster: Riemannsche Flächen, Springer 1977, englisch Lectures on Riemann surfaces, Graduate Texts in Mathematics, Springer-Verlag, 1991, ISBN 3-540-90617-7, Kapitel 20

Einzelnachweise

  1. Otto Forster: Riemannsche Flächen, Springer 1977, englisch Lectures on Riemann surfaces, Graduate Texts in Mathematics, Springer-Verlag, 1991, ISBN 3-540-90617-7, Kapitel 20
  2. Vorlage:Literatur

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