Kurs:Funktionentheorie/Fundamentalsatz der Algebra

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Einleitung

Der (Gauß-d’Alembertsche) Fundamentalsatz der Algebra besagt, dass jedes nicht konstante Polynom im Bereich der komplexen Zahlen mindestens eine Nullstelle besitzt.

Koeffizienten des Polynoms

Dabei können die Koeffizienten des Polynoms beliebige komplexe Zahlen sein – insbesondere sind Polynome mit ganzen oder reellen Koeffizienten mit eingeschlossen.

Beispiel 1

Wendet man den Satz zum Beispiel auf das Polynom z4+15z2+4 an, so folgt, dass die im Bereich der reellen Zahlen unlösbare Gleichung z4+15z2+4=0 im Bereich der komplexen Zahlen mindestens eine Lösung besitzen muss.

Existenz der Nullstelle

Der Fundamentalsatz der Algebra ist eine Existenzaussage, d.h. der Satz besagt, dass Polynome, die nicht konstant sind, eine Nullstelle besitzt. Der Satz liefert allerdings keine Verfahren, wie diese gefunden wird (siehe auch Nullstellenapproximation mit numerischen Verfahren).

Beispiel 2 - algebraische Bestimmung der Nullstelle

Das Polynom P(x):=x2+4 besitzt die um 4 Einheiten nach oben verschobene Normalparabel als Graph der Funktion P:. Diese schneidet die x-Achse nicht (keine Nullstellen in ). Im Komplexen kann die beiden komplexen Nullstellen für z durch die 3. binomische Formel bestimmen:

0=P(z)=z2+4=z2(2i)2=(z+2i)(z2i)

Durch die Zerlegung in Linearfaktoren erkennt man, dass 2i und 2i die Nullstellen in sind.

Fundamentalsatz der Algebra

Es sei

P(z)=k=0nakzk

ein Polynom vom Grad deg(P)=:n{0} also ein nicht konstantes Polynom – mit komplexen Koeffizienten ak. Dann hat das Polynom eine komplexe Nullstelle z0 (d.h. P(z0)=0 gilt.

Beweisidee

Für den Fundamentalsatz der Algebra gibt es unterschiedliche Beweise. In der Funktionentheorie liefert dabei der Satz von Liouville eine Beweismöglichkeit.

Der Fundamentalsatz der Algebra wird dabei über einen Beweis durch Widerspruch gezeigt.

Beweis - Fundamentalsatz

Angenommen, es gäbe ein nichtkonstantes nullstellenfreies Polynom P:. Dann ist die Funktion f(z):=1P(z) ebenfalls auf ganz definiert und auch holomorph auf .

Schritt 1 - Beschränktheit von 1/P

Wegen lim|z||P(z)|=+, gibt es eine Schranke S>0, für |P(z)|1 für alle |z|S.

Schritt 2 - Beschränktheit von 1/P

Die abgeschlossene Kreisscheibe D:=BS(0) ist eine kompakte Menge (abgeschlossen und beschränkt) und daher nimmt eine stetige Funktion |f| auf D das Maximum M^ (und auch das Minimum) an. Da f holomorph ist, ist f und damit auch |f| stetig.

Schritt 3 - Beschränktheit von 1/P

Insgesamt ist die holomophe (ganze) Funktion f=1P durch M:=max{1,M^} beschränkt, d.h. |f(z)|M für alle z.

Schritt 4 - Widerspruch

Also ist

f:=1P

nach dem Satz von Liouville konstant. Dies ist aber ein Widerspruch zur Voraussetzung.

Bemerkung - Anzahl der Nullstellen

Genauer gilt, dass die Anzahl der Nullstellen und der Berücksichtigung der Vielfachheit dem Grad des Polynoms entspricht. Für das Polynom

P(z):=(z3)2(zi)3=(z3)(z3)(zi)(zi)(zi)

hat die Nullstelle 3 die Vielfachheit 2 und die Nullstelle i die Vielfachheit 3. Insgesamt ist P ein Polynom vom Grad 5.

Folgerung: Algebraische Abgeschlossenheit des komplexen Zahlkörpers

Von einem Polynom f(z) lässt sich der zu einer Nullstelle z0 mit f(z0)=0 gehörende Linearfaktor (zz0) abspalten: f(z)=(zz0)f^(z). (Dazu kann beispielsweise die Horner-Ruffini-Methode verwendet werden.) Durch die Abspaltung ergibt sich ein im Grad um eins reduziertes Polynom f(z), für welches das Verfahren wiederholt werden kann. Per Induktion ist hiermit gezeigt: Jedes nicht konstante Polynom über zerfällt vollständig in ein Produkt aus Linearfaktoren:

f(z)=k=0nakzk=ani=1n(zzi) ,

wobei die zi die Nullstellen des Polynoms sind.

Algebraische Abgeschlossenheit

Der Fundamentalsatz der Algebra besagt also, dass der Körper der komplexen Zahlen algebraisch abgeschlossen ist.

Beispiel 3

Die Polynomgleichung

P(x)=x55x4+17x313x2=0

hat die Lösungen 𝕃={0,1,23i,2+3i} als Nullstellen des Polynoms. Die Nullstelle xo=0 hat dabei die Vielfachheit 2, was analog zu Beispiel 2 über die Faktorisierung des Polynoms ersichtlich wird:

P(x)=xx(x1)(x2+3i)(x23i)=xx(x1)(x24x+13)

Sprechweise - Vielfachheit

Man verwendet die Sprechweise „0 tritt mit Vielfachheit 2 auf“, alle anderen Nullstellen treten mit Vielfachheit 1 auf. Dieses Beispiel zeigt auch, dass die Nullstellen im Allgemeinen nicht (alle) reell sind, selbst wenn das Polynom reelle Koeffizienten hat. Nichtreelle Nullstellen von Polynomen mit reellen Koeffizienten treten aber immer paarweise komplex konjugiert auf (in obigem Beispiel 2±3i).

Anmerkung zum Fall reeller Koeffizienten

Für Polynome P mit reellen Koeffizienten gilt:

  • Ist zo eine nichtreelle Nullstelle von P, so ist auch ihr komplex Konjugiertes zo¯ eine Nullstelle von P
  • Ist zo eine mehrfache Nullstelle von P, so hat zo¯ dieselbe Vielfachheit.

Faktorisierte Schreibweise - reellwertige Koeffizienten

In der faktorisierten Schreibweise des Polynoms lassen sich daher die zugehörigen Linearfaktoren immer zu einem quadratischen Faktor (zzo)(zzo¯) zusammenfassen.

Berechnung - reellwertige Koeffizienten

Ausmultipliziert hat dieses Polynom P(z)=(zzo)(zzo¯) zweiten Grades wieder rein reelle Koeffizienten:

(zzo)(zzo¯)=z2(zo+zo¯)=2Re(zo)z+zozo¯=|zo|2=z22Re(zo)z+|zo|2

Umkehrschluss - reellwertige Koeffizienten

Aus der obigen Überlegung folgt im Umkehrschluss, dass jedes reelle Polynom sich in Polynomfaktoren vom Grad eins oder zwei zerlegen lässt.

Aufgabe

Berechnen Sie für das Polynom P(z)=z2+6z+25 die Zerlegung in Linearfaktoren und damit die komplexwertigen Nullstellen über 6=2Re(zo) und 25=|zo|2.

Verallgemeinerung des Fundamentalsatzes

Der Fundamentalsatz der Algebra lässt sich mit Hilfe topologischer Methoden unter Anwendung der Homotopietheorie und des Abbildungsgrades weiter verallgemeinern:[1]

Jede stetige Funktion   f:, für die eine natürliche Zahl   n>0   und weiter eine komplexe Zahl   c0   existieren derart, dass   limz f(z)zn=c   erfüllt ist, hat eine Nullstelle.

Hieraus folgt der Fundamentalsatz, indem man zu einer komplexen Polynomfunktion   zf(z)=anzn+an1zn1++a1z+a0     (z)   vom Grad   n>0   den Leitkoeffizienten als Konstante, also c=an   nimmt.

Literatur

  1. Siehe Kap. 5, § 3 (Ein homotopietheoretischer Beweis des Gaußschen Fundamentalsatzes der Algebra) in: Vorlage:Literatur

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Siehe auch

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