Kurs:Analysis III/Kapitel II: Grundlagen der Funktionalanalysis/§4 Messbare Funktionen

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Definition 1

Eine Funktion f:X heißt messbar, wenn für alle a die oberhalb des Niveaus a gelegene Punktmenge
𝒪(f,a):={xX:f(x)>a}
messbar ist.

Satz 1 (f. ü.-Konvergenz)

Sei {fk}k=1,2, eine Folge messbarer Funktionen mit der Eigenschaft fk(x)f(x) f. ü. in X. Dann ist f messbar.

Beweis

Seien a,b mit a<b. Dann gehören die Funktionen (fk)a,b zu L(X) für alle k und es gelten

|(fk)a,b(x)|max(|a|,|b|) und (fk)a,bfa,b f. ü. in X.

Der allgemeine Lebesguesche Konvergenzsatz liefert fa,bL(X). Damit ist f messbar.

q.e.d.

Satz 2 (Kombination von messbaren Funktionen)

Es gelten die folgenden Aussagen:
a) Lineare Kombination: Seien f und g messbar sowie α,β, so sind auch αf+βg, max(f,g), min(f,g) und |f| messbar.
b) Nichtlineare Kombination: Seien mit f1,,fκ,κ endlichwertige, messbare Funktionen und ϕ=ϕ(y1,,yκ)C0(κ,) gegeben. Dann ist die Funktion g(x):=ϕ(f1(x),,fκ(x)),xX messbar.

Beweis

a) Es gilt fp,p,gp,pL(X) für alle p. Beachten wir weiter f=limpfp,p, so liefert Satz 1 und die Linearität des Raumes L(X), dass

αf+βg=limp+(αfp,p+βgp,p)

für alle α,β messbar ist. Genauso sind

max(f,g)=limp+max(fp,p,gp,p)

und

min(f,g)=limp+min(fp,p,gp,p)

messbar und wegen |f|=max(f,f) auch |f|.

b) Für alle p>0 und k=1,,κ sind (fk)p,pL(X) beschränkte Funktionen. Nach §3, Satz 1 und §4, Satz 1 gehört dann die Funktion ϕ((f1)p,p(x),,(fκ)p,p(x)) zu L(X). Weiter gilt

g(x)=limp+ϕ((f1)p,p(x),,(fκ)p,p(x))

für alle xX und Satz 1 liefert die Messbarkeit von g.

q.e.d.

Definition 2

Für eine nicht negative, messbare Funktion f setzen wir
I(f):=limN+I(f0,N)[0,+].

Definition 3

Eine Funktion g:X heißt einfach, wenn es endlich viele paarweise disjunkte Mengen A1,,An*𝒮(X) und η1,,ηn* mit n* gibt, so dass in X die folgende Darstellung gilt:
g=k=1n*ηkχAk.

Satz 3 (Lebesguescher Auswahlsatz)

Sei {fk}k=1,2, eine Folge aus L(X) mit
limk,lI(|fkfl|)=0.
Dann gibt es eine Nullmenge NX und eine monoton wachsende Teilfolge {km}m=1,2,, so dass die Funktionenfolge {fkm(x)}m=1,2, für alle xXN konvergiert und für den Grenzwert gilt
limmfkm(x)=:f(x)L(X).
Aus einer Cauchy-Folge bez. dem Integral I können wir also eine f. ü. konvergente Teilfolge auswählen.

Beweis

Auf der Nullmenge

N1:=k=1{xX:|fk(x)|=+}

ändern wir die Funktionen fk zu

f~k(x):={fk(x),xXN10,xN1

ab. So können wir o. E. die Funktionen {fk}k=1,2, als endlichwertig annehmen. Wegen

limp,lI(|fpfl|)=0

gibt es eine Teilfolge k1<k2< mit der Eigenschaft

I(|fpfl|)12m für alle p,lkm,m=1,2,.

Insbesondere folgen nun

I(|fkm+1fkm|)12m,m=1,2,

und

m=1I(|fkm+1fkm|)1.

Nach dem Satz von Levi gehört die Funktion

g(x):=m=1|fkm+1(x)fkm(x)|,xX

zu L(X) und N2:={xXN1:|g(x)|=+} ist eine Nullmenge. Also konvergiert die Reihe

m=1|fkm+1(x)fkm(x)| für alle xXN mit N:=N1N2

und folglich auch die Reihe

m=1(fkm+1(x)fkm(x)).

Der Grenzwert

limm(fkm(x)fk1(x))=:f(x)fk1(x)

existiert also für alle xXN und somit ist die Folge {fkm}m=1,2, auf XN konvergent gegen f. Wegen gL(X) und

|fkm(x)fk1(x)||g(x)|

ist der Lebesguesche Konvergenzsatz anwendbar. Es folgen fL(X) und

I(f)=limmI(fkm).

q.e.d.

Satz 4 (f. ü.-Approximation)

Sei f eine messbare Funktion mit |f(x)|c,xX,c(0,+). Dann gibt es eine Folge {fk}k=1,2,M(X) mit |fk(x)|c,xX,k, so dass fk(x)f(x) f. ü. in X gilt.

Beweis

Da f messbar ist und durch die konstante Funktion cL(X) majorisiert wird, ist fL(X). Nun gibt es eine Folge {gk}k=1,2,M(X) mit I(|fgk|)0 für k. Wir setzen

hk(x):=(gk)c,c(x)

und beachten hkM(X),|hk(x)|c für alle xX und alle k. Wegen

|hkf|=|(gk)c,cfc,c|=|(gkf)c,c||gkf|

folgt

limkI(|hkf|)limkI(|gkf|)=0.

Wegen

I(|hkhl|)I(|hkf|)+I(|fhl|)0 für k,l

liefert der Lebesguesche Auswahlsatz eine Nullmenge N1X und eine monoton wachsende Teilfolge {km}m=1,2,, so dass

h(x):=limmhkm(x)

für alle xXN1 existiert. Wir setzen h auf die Nullmenge fort durch h(x):=0 für alle xN1. Nun gilt

limm|hkm(x)f(x)|=|h(x)f(x)| in XN1.

Der Satz von Fatou liefert

I(|hf|)limmI(|hkmf|)=0.

Somit gibt es eine Nullmenge N2X, so dass

f(x)=h(x) für alle xXN2

gilt. Setzen wir N:=N1N2 und fm(x):=hkm(x), so ist offensichtlich fm(x)M(X),|fm(x)|c für alle xX und alle m und es gilt

limmfm(x)=limmhkm(x)=xN1h(x)=xN2f(x) für alle xXN.

Somit folgt fm(x)f(x) für alle xXN.

q.e.d.

Satz 5 (Egorov)

Seien die messbare Menge BX und die messbaren f. ü. endlichwertigen Funktionen f:B und fk:B,k mit der Eigenschaft fk(x)f(x) f. ü. in B gegeben. Dann gibt es zu jedem δ>0 eine abgeschlossene Menge AB mit μ(BA)<δ, so dass fk(x)f(x) gleichmäßig auf A gilt.

Beweis

Wir betrachten die Nullmenge

N:={xB:fk(x)f(x) ist nicht erfu¨llt}
={xB:zu m und fu¨r alle l existiert ein kl mit |fk(x)f(x)|>1m}
=m=1l=1kl{xB:|fk(x)f(x)|>1m}=m=1Bm,

wobei

Bm:=l=1kl{xB:|fk(x)f(x)|>1m}

gesetzt wurde. Es gilt BmN und somit μ(Bm)=0 für alle m. Mit

Bm,l:=kl{xB:|fk(x)f(x)|>1m}

folgt Bm,lBm,l+1 für alle m,l. Aus

Bm=l=1Bm,l

erhalten wir dann

0=μ(Bm)=limlμ(Bm,l).

Somit gibt es zu jedem m ein lm mit lm<lm+1, so dass

μ(klm{xB:|fk(x)f(x)|>1m})=μ(Bm,lm)<δ2m+1

gilt. Wir setzen

B^m:=Bm,lm und B^:=m=1B^m.

Offenbar ist B^ messbar und es ist

μ(B^)m=1μ(B^m)δ2

erfüllt. Erklären wir noch A^:=BB^, so finden wir

A^=B(m=1B^m)c=B(m=1B^mc)
=m=1{xB:|fk(x)f(x)|1m fu¨r alle klm}.

Für alle xA^ gibt es also zu vorgegebenem m ein lm, so dass

|fk(x)f(x)|1m

für alle klm gilt. Folglich konvergiert {fk|A^}k=1,2, gleichmäßig gegen f|A^. Gemäß §3, Satz 5 wählen wir nun eine abgeschlossene Menge AA^ mit

μ(A^A)<δ2.

Dann konvergiert wegen AA^ auch {fk|A}k=1,2, gleichmäßig gegen f|A. Beachten wir noch BA^=B^, so folgt

μ(BA)=μ(BA^)+μ(A^A)<δ2+δ2=δ.

q.e.d.

Satz 6 (Lusin)

Sei f:B eine messbare Funktion auf der messbaren Menge BX. Dann gibt es zu jedem δ>0 eine abgeschlossene Menge AX mit μ(BA)<δ, so dass f|AA stetig ist.

Beweis

Für j=1,2, betrachten wir die abgeschnittenen Funktionen

fj(x):={j,f(x)[,j]f(x),f(x)[j,+j]+j,f(x)[+j,+].

Die Funktionen fj:B sind messbar und es gilt

|fj(x)|j für alle xB.

Nach Satz 9 und wegen M(X)C0(X) existiert für jedes j eine Folge stetiger Funktionen fj,k:B mit

limkfj,k(x)=fj(x) f. ü. in B.

Nach dem Egorovschen Satz gibt es nun zu j=1,2, eine abgeschlossene Menge AjB mit

μ(BAj)<δ2j+1,

so dass die Funktionenfolgen {fj,k|Aj}k=1,2, gleichmäßig gegen fj|Aj konvergieren. Nach dem Weierstraßschen Konvergenzsatz ist dann fj|Aj für alle j stetig. Die Menge

A^:=j=1AjB

ist abgeschlossen und es gilt

μ(BA^)j=1μ(BAj)<j=1δ2j+1=δ2.

Nun sind für alle j die Funktionen fj:A^ stetig und wir wissen

f(x)=limjfj(x) in A^.

Nach dem Egorovschen Satz gibt es eine abgeschlossene Menge AA^ mit

μ(A^A)<δ2,

so dass fj gleichmäßig auf A gegen f konvergiert. Damit ist f|A stetig und es gilt

μ(BA)=μ(BA^)+μ(A^A)<δ2+δ2=δ.

q.e.d.