Kurs:Analysis I/Kapitel III: Die elementaren Funktionen/§4 Die Arcusfunktionen

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Definition 1

Die Umkehrfunktion von y=sinx:[π2,π2] heißt Arcus-Sinusfunktion x=arcsiny:[1,1]. Die Umkehrfunktion von y=cosx:[0,π] heißt Arcus-Cosinusfunktion x=arccosy:[1,1].

Satz 1

Für alle y mit |y|1 gilt
(1) arccosy+arcsiny=π2.

Beweis

Nach Satz 5 in §2 gilt

[1,+1]y=sinx=cos(π2x) für alle x[π2,π2].

Unter Anwendung von arccos auf die Identität y=cos(π2x) und von arcsin auf y=sinx erhalten wir

(2) arccosy=(π2x)=(π2arcsiny)

für alle y[1,+1]. Somit folgt die o. a. Behauptung.

q.e.d.

Satz 2

Die in Definition 1 erklärten Funktionen sind im Intervall (1,1) stetig differenzierbar und es gilt
(3) ddyarcsiny=11y2 und ddyarccosy=11y2
für alle y mit |y|<1.

Beweis

Sei y(1,1) und x:=arcsiny, wobei y=sinx mit x[π2,π2] gilt. Nach den Überlegungen in §2 ist ddxsinx=cosx>0 für alle |x|<π2 erfüllt. Wir wenden jetzt Satz 7 aus §3 in Kapitel II auf die Funktion f(x)=sinx und erhalten

ddyarcsiny=1cos(arcsiny)=11sin2(arcsiny)=11y2.

Aus Satz 1 folgt für alle |y|<1 unmittelbar

ddyarccosy=ddy(π2arcsiny)=11y2.

Satz 3

Für alle y(1,+1) gilt die Reihenentwicklung
(4) arcsiny=k=0122k(2kk)y2k+12k+1=y+16y3+340y5+.

Beweis

Nach dem Satz 4 über die Binomialreihe, welchen wir in §7 zeigen werden, konvergiert für alle t(1,+1) die folgende Reihe:

(5) ddtarcsint=1sqrt1t2=(1t2)12=k=0(12k)(1)kt2k.

Hierbei verwenden wir die – in §7 eingeführten – verallgemeinerten Binomialkoeffizienten

(6) (12k)(1)k=(1)k(12)(121)(122)(12k+1)k!
=135(2k1)2kk!.

Wenn wir mit i=1k(2i)=2kk! erweitern, erhalten wir schließlich

(7) (12k)(1)k=(2k)!22k(k!)2=(2kk)122k.

Zusammen mit (5) folgt die Identität

(8) ddtarcsint=k=0122k(2kk)t2k,t(1,+1).

Mit Hilfe von Satz 9 aus §2 in Kapitel II integrieren wir diese Potenzreihe gliedweise und wir erhalten für alle y(1,+1)

(9) arcsiny=0y[ddtarcsint]dt=[k=0122k(2kk)t2k+12k+1]0y
=k=0122k(2kk)y2k+12k+1

Damit ist die o. a. Reihe hergeleitet.

q.e.d.

Satz 4

Es gilt für alle y mit |y|<1 die Aussage
(10) 11y2dy=arcsiny+c1=arccosy+c2
mit den reellen Integrationskonstanten c1,c2

Definition 2

Die Umkehrfunktion von y=tanx:[π2,π2] heißt Arcus-Tangensfunktion x=arctany:[π2,π2]. Die Umkehrfunktion von y=cotx:[0,π] heißt Arcus-Cotangensfunktion x=arccoty:[0,π].

Satz 5

Für alle y gilt
(11) arccoty+arctany=π2

Beweis

Diese Identität entnehmen wir dem Satz 11 aus §2, wie wir im Beweis zu Satz 1 vorgestellt haben.

q.e.d.

Satz 6

Die in Definition 2 erklärten Funktionen sind in stetig differenzierbar und es gilt dort
(12) ddyarctany=11+y2 sowie ddyarccoty=11+y2.

Beweis

Sei y und x:=arctany, wobei y=tanx mit |x|<π2 gilt. Nach Satz 9 aus §2 ist

ddxtanx=1+tan2x>0 für alle |x|<π2 erfüllt.

Wir wenden den Satz über die Differentiation von Umkehrfunktionen auf f(x)=tanx und erhalten

(13) ddyarctany=11+tan2(arctany)=11+y2.

Dann liefert Satz 4 für alle y die Identität

ddyarccoty=ddy(π2arctany)=11+y2.

q.e.d.

Satz 7

Für alle y(1,1) gilt die Reihenentwicklung
(14) arctany=k=0(1)ky2k+12k+1=y13y3+15y5+.

Beweis

Wir entwickeln die Ableitung dieser Funktion in eine konvergente geometrische Reihe:

(15) ddyarctant=11+t2=11(t2)=k=0(1)kt2k,t(1,+1).

Mit Hilfe von Satz 9 in §5 von Kapitel II integrieren wir die Potenzreihe gliedweise und erhalten

(16) arctany=0yddyarctantdt=[k=0(1)kt2k+12k+1]0y
=k=0(1)ky2k+12k+1,y(1,+1)

über den Fundamentalsatz der Differential- und Integralrechnung.

q.e.d.

Satz 8

Beweis

Satz 9

Die Gesamtheit der reellen stammfunktionen von der gebrochen rationalen funktion (1+y2)1,y besteht aus
(19) 11+y2dy=arctany+c1=arccoty+c2,y mit c1,c2

Beweis

Dieser Beweis folgt sofort aus Satz 6.

q.e.d.