Kurs:Analysis I/Kapitel II: Differential- und Integralrechnung für Funktionen einer Veränderlichen

Aus testwiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Stetigkeit von Funktionen mehrerer Veränderlicher (§1)

Definition 1

Seien die Dimensionen m,n und die Menge
Dn:={x=(x1,,xn):xj,j=1,,n}
sowie der Raum
m:={y=(y1,,ym):yj,j=1,,m}
gegeben. Jedem Punkt xD werde vermöge der Funktion
f:Dm
genau ein Punkt
y=f(x)m
zugeordnet. Wir nennen D den Definitionsbereich und
W:={f(x)m:xD}:=f(D)
den Wertebereich der Funktion f. Genauer schreiben wir:
(y1,,ym)=y=f(x)=(f1(x1,,xn),,fm(x1,,xn)):Dm.
Wir sprechen von einer beschränkten Funktion f:Dm, wenn es eine Konstante c[0,+) gibt, so dass die Abschätzung
|f(x)|c für alle xD
richtig ist. Andernfalls sprechen wir von einer unbeschränkten Funktion.

Definition 2

Sei im Definitionsbereich Dn der Funktion f:Dm ein Häufungspunkt xD gewählt. Weiter existiere ein Punkt Am, so dass es für alle ε>0 ein δ=δ(ε)>0 gibt mit der Eigenschaft
|f(t)A|<ε für alle tD mit |tx|<δ.
Dann heißt A der Limes der Funktion f an der Stelle x und man schreibt:
limtx,tDf(t)=A oder f(t)A (tD,tx).

Definition 3

Auf dem Intervall D:=(a,b) mit a<b sei die Funktion f:Dm gegeben. Dann nennen wir
f(a+):=limta,t>af(t):=limta,tDf(t)
den rechtsseitigen Limes der Funktion f an der Stelle x und
f(b):=limtb,t<bf(t):=limtb,tDf(t)
den linksseitigen Limes der Funktion f an der Stelle x.

Satz 1

Sei die Funktion f:Dm auf dem Definitionsbereich Dn gegeben, welcher den Häufungspunkt xD enthält. Weiter sei der Punkt Am gewählt. Dann gilt die beziehung
limtx,tDf(t)=A
genau dann, wenn für jede Punktfolge
{x(p)}pD{x} mit x(p)x(p)
die Aussage
limpf(x(p))=A
gilt.

Beweis

“: Sei

limtx,tDf(t)=A

erfüllt. Dann gibt es nach Definition 2 für alle ε>0 ein δ=δ(ε)>0, so dass

|f(t)A|<ε für alle tD mit |tx|<δ

ausfällt. Für eine konvergente Punktfolge

{x(p)}pD{x}={yD:yx} mit x(p)x (p)

erhalten wir

|x(p)x|<δ für alle pp0(ε)

und somit folgt |f(x(p))A|<ε. Also ergibt sich

limpf(x(p))=A.

“: Wir zeigen diese Implikation indirekt – unter der Voraussetzung

(1) Für alle {x(p)}pD{x} mit x(p)x (p) gilt limpf(x(p))=A.

Wäre die Aussage

(2) limtx,tDf(t)=A

falsch – also die folgende Behauptung:

(3) Für alle ε>0 existiert ein δ=δ(ε)>0, so dass |f(t)A|<ε für alle tD mit |tx|<δ erfüllt ist.

Dann existiert ein ε>0, sodass es zu jedem δ>0 einen Punkt tD mit |tx|<δ gibt, welcher |f(t)A|ε erfüllt. Wählen wir nun sukzessiv δ=1p,p=1,2, so finden wir Punkte

x(p)D{x} mit |x(p)x|<1p und |f(x(p))A|ε.

Offenbar ist nun limpx(p)=x aber limpf(x(p))A erfüllt – im widerspruch zur voraussetzung (1).

q.e.d.

Definition 4

Sei der Punkt xD und die Funktion f:Dm auf dem Definitionsbereich Dn gegeben. Dann heißt die Funktion f stetig im Punkt x, wenn es zu jedem ε>0 ein δ=δ(ε,x)>0 mit der Eigenschaft
|f(t)f(x)|<ε für alle tD mit |tx|<δ
gibt.

Satz 2

Sei die Funktion f:Dm auf dem Definitionsbereich Dn erklärt und xD ein Häufungspunkt von D. Dann sind die folgenden Aussagen äquivalent
1. Es ist f stetig im Punkt x;
2. Es gilt
limtx,tDf(t)=f(x);
3. Für alle Folgen
{x(p)}pD{x} mit x(p)x (p)
haben wir
limpf(x(p))=f(x).

Beweis

Dieser folgt sofort aus den Definitionen 2 und 4 sowie Satz 1.

q.e.d.

Satz 3

Seien die Funktionen f,g:Dm im Punkt xDn stetig und die Skalare a,b beliebig gewählt. Dann ist auch die Funktion
h(t):=af(t)+bg(t),tD
im Punkt x stetig.

Beweis

Sei {x(p)}pD{x} eine Folge mit x(p)x (p). Dann erhalten wir

(4) limph(x(p))=limp{af(x(p))+bg(x(p))}
=alimpf(x(p))+blimpg(x(p))=af(x)+bg(x).

q.e.d.

Satz 4

Seien die Funktionen f,g:Dm im Punkt xDn stetig. Dann ist auch die Funktion
h(t):=f(t)g(t),tD
im Punkt x stetig. Falls zusätzlich g(t)0 für alle tD erfüllt ist, so ist auch die Funktion
k(t):=f(t)g(t),tD
stetig im Punkt x.

Beweis

Sei {x(p)}pD{x} eine Folge mit x(p)x (p). Dann liefern die grenzwertsätze

limph(x(p))=limp{fg}(x(p))={limpf(x(p))}{limpg(x(p))}=f(x)g(x)

sowie

limpk(x(p))=limp{fg}(x(p))=limpf(x(p))limpg(x(p))=f(x)g(x).

q.e.d.

Satz 5 (Komposition stetiger Abbildungen)

Seien die Punkte xDn und yEm gegeben sowie die Funktionen f:Dm und g:El mit y=f(x) – dabei sind die Dimensionen n,m,l gewählt. Weiter sei f stetig im Punkt x und g stetig im Punkt y. Dann ist auch die verkettete Funktion bzw. die Komposition
(5) h(t):=(gf)(t)=g(f(t))=(g1(f1(t1,,tn),,fm(t1,,tn)),
,gl(f1(t1,,tn),,fm(t1,,tn))),t=(t1,,tn)D
im Punkt x stetig.

Beweis

Sei {x(p)}pD{x} eine Folge mit x(p)x (p), dann ist

y(p)=f(x(p)),p

die Folge der Funktionswerte. Da f im Punkt x stetig ist gilt

limpy(p)=limpf(x(p))=f(x)=y.

Da nun g im Punkt y stetig ist, folgt

limph(x(p))=limpg(f(x(p)))=limpg(y(p))=g(y)=g(f(x))=h(x).

Also ist h(t) im Punkt x stetig.

Definition 5

Sei die Funktion f:Dm auf dem Definitionsbereich Dn gegeben. Dann heißt die Funktion f stetig auf D, wenn f in jedem Punkt xD stetig ist.

Definition 6

Den Vektorraum der stetigen Funktionen f:Dm auf dem Definitionsbereich Dn bezeichnen wir mit C0(D,m). Hierbei haben wir für f,gC0(D,m) und α die Verknüpfungen:
(f+g)(x):=f(x)+g(x),xD sowie (αf)(x):=αf(x),xD.
Falls m=1 die Bilddimension darstellt, schreiben wir kurz C0(D). Auch wenn aus dem Zusammenhang der Bildraum hervorgeht, lassen wir diesen unerwähnt. Mit C0(D,) deuten wir im Fall m=2 an, dass wir im Bildbereich die komplexe Multiplikation verwenden.

Satz 6 (Stetigkeit der Umkehrfunktion)

Auf der kompakten Menge Dn sei die stetige Funktion f:Dm vermöge y=f(x), xD mit dem Wertebereich
W=f(D)={ym:y=f(x) mit einem xD}
gegeben. Weiter sei f:Dm injektiv, d. h. für je zwei Punkte x*,x**D mit x*x** folgt f(x*)f(x**). Dann ist die Umkehrfunktion
g:Wn
von f erklärt durch
g(y):=x für yW und xD mit y=f(x)
stetig auf D. Dabei erfüllt die Umkehrfunktion die Identitäten:
g(f(x))=x für alle xD und f(g(y))=y für alle yW.

Beweis

Sei y*W und {y(p)}pW eine Folge mit limpy(p)=y*. Dann haben wir

(6) limpg(y(p))=g(y*)

zu zeigen. Hierzu setzen wir x(p):=g(y(p)), p und x*:=g(y*). Wäre die Aussage (6) falsch, so gäbe es von der Folge {x(p)}pD in der kompakten Menge D eine Teilfolge {x(pl)}lD mit

limlx(pl)=x**D{x*}.

Da die Funktion f stetig ist, erhalten wir

f(x**)=f(limlx(pl))=limlf(x(pl))=limly(pl)=limpy(p)=y*=f(x*).

Wegen der Injektivität von f folgt mit x*=x** ein Widerspruch – und (6) ist richtig.

q.e.d.

Definition 7

Sei die Funktion f:Dm auf dem Definitionsbereich Dn gegeben. Dann heißt die Funktion f gleichmäßig stetig auf D, wenn es zu jedem ε>0 ein δ=δ(ε)>0 mit der Eigenschaft
|f(x)f(y)|<ε für alle x,yD mit |xy|<ε
gibt.

Satz 7

Sei Kn eine beschränkte und abgeschlossene – d. h. kompakte – Punktmenge und f:Km eine stetige Funktion. Dann ist f gleichmäßig stetig auf K.

Beweis

Sei ε>0 vorgegeben. Da die Funktion f:Km in jedem Punkt xK stetig ist, gibt es zu jedem xK ein δ=δ(ε,x)>0 derart, dass für alle yK mit |yx|<δ(ε,x) die Ungleichung |f(y)f(x)|<ε gilt. Zu jedem xK definieren wir nun die offene Teilmenge

Ox:={yn:|yx|<12δ(ε,x)}

Diese Menge Ox,xK bilden eine offene Überdeckung von K. Da K nach Voraussetzung beschränkt und abgeschlossen ist, gibt es nach dem Überdeckungssatz von Heine und Borel endlich viele Punkte

x(1),,x(N)K

mit N, so dass

Kj=1NOx(j)

gilt. Wir setzen jetzt

δ(ε):=min{12δ(ε,x(1)),,12δ(ε,x(N))}>0.

Nun seien x,yK beliebige Punkte mit |xy|<δ(ε). Da die Mengen

{Ox(j)}j=1,,N

ein Überdeckungssystem von K bilden, finden wir ein j{1,,N} mit der Eigenschaft

|xx(j)|<12δ(ε,x(j)).

Weiter gilt dann:

(7) |yx(j)||yx|+|xx(j)|
<δ(ε)+δ(ε,x(j))12δ(ε,x(j))+12δ(ε,x(j))=δ(ε,x(j)).

Wegen der Stetigkeit folgt hieraus |f(x)f(x(j))|<ε und |f(y)f(x(j))|<ε

|f(x)f(y)||f(x)f(x(j))|+|f(y)f(x(j))|<2ε für alle x,yK mit |xy|<δ(ε).

Also ist f gleichmäßig stetig auf K.

q.e.d.

Satz 8 (Fundamentalsatz von Weierstrass über Maxima und Minima)

Auf der kompakten Menge Kn sei die reellwertige Funktion f:K stetig. Dann gibt es Punkte x*K und x**K, so dass
f(x*)f(x)f(x**) für alle xK

erfüllt ist.

Beweis

Wir zeigen nur die Existenz von x*. Durch die Spiegelung f(f) folgt dann die Existenz von x**. Wir erklären

μ:=infxKf(x)

und finden eine Folge {x(p)}p mit der Eigenschaft

f(x(p))μ (p).

Die Folge {x(p)}p ist beschränkt, da die Menge K beschränkt ist. Nach dem Häufungsstellensatz von Weierstrass gibt es eine konvergente Teilfolge

{x(pl)}l{x(p)}pK

mit der Eigenschaft

x(pl)ξK (l),

denn die Menge K ist abgeschlossen. Wegen der Stetigkeit von f auf K gilt weiter

f(ξ)=limlf(x(pl))=μ=infxKf(x).

Mit x*:=ξ haben wir einen Punkt gefunden, an dem f das Minimum annimmt.

q.e.d.

Satz 9 (Zwischenwertsatz von Bolzano und Weierstrass)

Sei das Intervall I:=[a,b] mit <a<b<+ gegeben sowie eine stetige Funktion f:I mit der Eigenschaft f(a)<f(b). Dann gibt es zu jedem Wert η(f(a),f(b)) ein ξ(a,b) mit f(ξ)=η.

Beweis

Nach Voraussetzung ist die Menge

D:={xI:f(x)<η}

nicht leer. Wir erklären

ξ:=supxDx

und sehen aξ<b ein. Es gilt

ξx für alle xD

und wir finden eine Folge {xk}kD mit limkxk=ξ. Somit gilt

f(ξ)limkf(xk)η.

Wäre nun f(ξ)<η richtig, so gäbe es wegen der Stetigkeit von f ein ε>0, so dass

f(x)<η für alle x(ξ,ξ+ε)

gilt. Dieses steht im Widerspruch zur Wahl von ξ=supxD und es folgt f(x)=η.

q.e.d.

Definition 8

Eine reellwertige Funktion f:D auf dem Definitionsbereich D heißt (schwach) monoton steigend, wenn für alle x+,xD mit x<x+ die Ungleichung f(x)<f(x+) (bzw. f(x)f(x+)) erfüllt ist. Sie heißt (schwach) monoton fallend, wenn für alle x+,xD mit x<x+ die Ungleichung f(x)>f(x+) (bzw. f(x)f(x+)) gilt.

Satz 10 (Monotone Umkehrfunktion)

Sei auf dem Intervall [a,b] die monoton steigende Funktion f:[a,b] erklärt und A:=f(a),B:=f(b) gesetzt. Dann hat die Gleichung f(x)=y für jedes y[A,B] die eindeutig bestimmte Lösung x=:g(y)[a,b]. Die so definierte Funktion g:[A,B] ist auf dem Intervall [A,B] stetig und es gilt:
(9) gf(x)=g(f(x))=x für alle x[a,b] und fg(y)=f(g(y))=y für alle y[A,B].

Beweis

Nach dem Zwischenwertsatz hat die Gleichung

f(x)=y,x[a,b]

für alle y[A,B] mindestens eine Lösung. Wir zeigen nun die Eindeutigkeit der Lösung: Gäbe es nämlich zwei Lösungen ax<x+b mit f(x)=y=f(x+), so entsteht ein Widerspruch zur Monotonie der Funktion f. Also gibt es zu jedem y[A,B] genau ein x[a,b] mit f(x)=y. Wir erhalten mittels yg(y)=x die Umkehrfunktion g:[A,B][a,b]. Die Stetigkeit der Umkehrfunktion entnehmen wir sofort dem Satz 6.

q.e.d.

Gleichmäßige Konvergenz von Funktionenfolgen (§2)

Definition 1

Auf dem Definitionsbereich Dn sei die Folge der Funktionen
fk:Dm,k=1,2,
gegeben; dabei sind die Dimensionen n,m gewählt. Dann heißt diese Funktionenfolge (punktweise) konvergent, wenn für jedes xD der Grenzwert limkfk(x) existiert. Wir nennen dann
f(x):=limkfk(x),xD
ihre Grenzfunktion.

Definition 2

Auf dem Definitionsbereich D n sei die Folge der stetigen Funktionen
fk:DmC0(D,m),k=1,2,
gegeben; dabei sind die Dimensionen n,m gewählt. Dann heißt diese Funktionenfolge gleichmäßig konvergent, wenn für jedes ε>0 ein Index N=N(ε) mit der eigenschaft
(3) |fk(x)f(x)|<ε für alle xD und alle kN
existiert.

Satz 1 (Konvergenzsatz von Weierstrass)

Auf dem Definitionsbereich Dn konvergiere die Folge stetiger Funktionen
fk:DmC0(D,m),k=1,2,
gleichmäßig gegen die Grenzfunktion f:Dm. Dann ist f stetig auf D.

Beweis

Sei ξD beliebig gewählt. Zu vorgegebenem ε>0 existiert ein Index N=N(ε), so dass (3) erfüllt ist. Da die Funktion fN:Dm im Punkt ξ stetig ist, gibt es ein δ=δ(ξ,ε,N)>0, so dass

(4) |fN(x)fN(ξ)|<ε für alle xD mit |xξ|<δ

richtig ist. Somit folgt

(5) |f(x)f(ξ)||f(x)fN(x)|+|fN(x)fN(ξ)|+|fN(ξ)f(ξ)|<3ε für alle xD mit |xξ|<δ.

Also ist f stetig in ξ.

q.e.d.

Satz 2 (Vollständigkeit des C0-Raums)

Sei die Folge stetiger Funktionen
fk:DmC0(D,m),k=1,2,
auf dem Definitionsbereich Dn gegeben. Dann konvergiert die Funktionenfolge {fk}k gleichmäßig gegen die stetige Grenzfunktion f:Dm genau dann, wenn es zu jedem ε>0 einen Index N=N(ε) gibt, so dass
(6) |fk(x)fl(x)|<ε für alle xD und alle k,lN
erfüllt ist.

Beweis

Die Funktionenfolge {fk}k konvergiere gleichmäßig auf D gegen die Grenzfunktion f. Dann gibt es zu jedem ε>0 einen Index N=N(ε), so dass |fk(x)f(x)|<ε2 für alle xD und alle kN ausfällt. Damit folgt

(7) |fk(x)fl(x)||fk(x)f(x)|+|f(x)fl(x)|<ε für alle xD und alle k,lN.

Zu vorgegebenem ε>0 existiert nun ein Index N=N(ε) mit der Eigenschaft (6). Damit ist die Punktfolge eine Cauchyfolge im m. Wegen der Vollständigkeit dieses Raumes existiert der Grenzwert

f(x):=limkfk(x)m

für alle xD. In der Ungleichung (6) vollziehen wir den Grenzübergang l und wir erhalten für jedes ε>0 ein N=N(ε) mit folgender Eigenschaft:

|fk(x)f(x)|<ε für alle xD und alle kN.

Also konvergiert die Funktionenfolge {fk}k gleichmäßig auf D gegen f.

q.e.d.

Definition 3

Auf dem Raum C0(D,m) mit Dn erklären wir die Supremumsnorm oder auch C0-Norm wie folgt:
(8) f0=fC0(D,m):=supxD|f(x)|fC0(D,m).

Definition 4

Auf dem Definitionsbereich Dn sei die Folge stetiger Funktionen
fk:DC0(D,),k=0,1,2,
gegeben; dabei ist die Dimension n gewählt. Dann heißt die Funktionenreihe
k=0fk:D:xk=0fk(x)
gleichmäßig konvergent auf D, wenn die Folge der Partialsummen
sm(x):=k=0mfk(x),xDm=0,1,2,
gleichmäßig auf D konvergiert.

Satz 3 (Weierstraßscher Majorantentest bzw. M-Test)

Auf dem Definitionsbereich Dn sei die Folge stetiger Funktionen
fk:DC0(D,),k=0,1,2,
gegeben, welche der Ungleichung
|fk(x)|Mk,xD
für alle k0 genügen. Dabei bilden die Zahlen
Mk[0,+),k=0,1,2,
gemäß
k=0Mk<
eine konvergente Reihe. Dann konvergiert die Funktionenreihe
k=0fk:D
gleichmäßig auf D.

Beweis

Zu vorgegebenem ε>0 gibt es einen Index N=N(ε) dass für alle p,q mit q>pN die Ungleichung

k=p+1qMkε

gilt. Damit ist

(10) |sq(x)sp(x)|=|k=p+1qfk(x)|k=p+1qMkε für alle xD und alle q>pN

erfüllt, sodass die Folge der Partialsummen {sq}q0 gleichmäßig konvergent ist.

q.e.d.

Satz 4 (Stetigkeit von Potenzreihen)

Die Potenzreihe
P(z):=n=0anzn
konvergiere für alle z mit |z|<R bei festem Radius R(0,+]. Dann konvergiert für jeden Radius 0<R0<R die Potenzreihe
P(z),z mit |z|R0
gleichmäßig. Somit stellt
P(z),z mit |z|<R
eine stetige Funktion dar.

Beweis

Für alle Punkte z mit |z|R0 gilt

|anzn||an|R0n,n0.

Der Satz 12 aus §6 in Kapitel I liefert die konvergenz der Reihe

n=0|an|R0n<.

Der Weierstraßsche Majorantentest impliziert die gleichmäßige Konvergenz der Reihe P(z) in der abgeschlossenen Kreisscheibe {z:|z|R0} und folglich ist P(z) dort stetig. Da der Radius 0<R0<R beliebig gewählt wurde, ist P(z) sogar stetig in der offenen Kreisscheibe {z:|z|<R}.

q.e.d.

Satz 5 (Leibnizsche Potenzreihe)

Sei {ak}k0 eine absteigende reelle Zahlenfolge mit
a0a1a20
und dem Grenzwert limkak=0. Dann ist die durch
P(z):=k=0akzk,z,|z|1,z1
definierte Funktion stetig auf ihrem Definitionsbereich.

Beweis

Nach Satz 4 stellt P(z) für |z|<1 eine stetige Funktion dar. Zu zeigen bleibt die Stetigkeit für |z|=1 und z1. Hierzu betrachten wir die Folge stetiger Funktionen.

(11) fn(z):=k=0nakzk,z,|z|1,|z1|δ,n=0,1,2,

mit einem δ>0. Wir zeigen mittels partieller Summation, dass {fn(z)}n0 dort gleichmäßig gegen P(z) konvergiert. Wenn wir über N später verfügen, so ergibt sich für nmN die Ungleichung

(12) |fn(z)fm(z)|aN+12|1z|,

wie man den Abschätzungen

(13) |fn(z)fm(z)|=|k=m+1nakzk|aN+1supq>pN+1|k=pqzk|

und

(14) |k=pqzk|=|zpk=pqzkp||z|1|k=pqzkp|p=kl|l=0qpzl|
=|1z1+qp1z||z1|01+|z|1+qp|1z|2|1z|

entnimmt. Also erhalten wir

(15) |fn(z)fm(z)|aN+12δ für alle z mit |z|1 und |z1|δ,

falls n>mN(ε,δ) erfüllt ist – mit einem hinreichend großen N(ε,δ). Somit stellt

P(z)=limnfn(z),z,|z|1,|z1|δ

für alle δ>0 eine stetige Funktion dar.

q.e.d.

Satz 6 (Abelscher Stetigkeitssatz)

Sei {ak}k0 eine komplexe Zahlenfolge, so dass die Reihe k=0ak konvergiert. Dann folgt die Stetigkeit der Funktion f:[0,1] definiert durch
(16) f(x)=k=0akxk,0x1.

Beweis

Da die Reihe k=0ak konvergiert, ist auch die Reihe k=0akxk für alle x[0,1] konvergent. Es bleibt nur die Stetigkeit von f im Punkt x=1 zu zeigen: Hierzu weisen wir die gleichmäßige Konvergenz der Funktionenfolge

(17) fn(x)=k=0nakxk,0x1,n=0,1,2,

nach. Zu vorgegebenem ε>0 gibt es ein N=N(ε), so dass

|k=m+1nak|ε für alle n>mN

richtig ist. Somit folgt für alle n>mN mittels partieller Summation

(18) |fn(x)fm(x)|=|k=m+1nak|xm+1εε,0x1.

Da die Funktionen fn auf [0,1] stetig sind für n=0,1,2, und sie dort konvergieren liefert Satz 1 die Stetigkeit der Grenzfunktion

f(x)=limnfn(x)=k=0nakxk,0x1.

q.e.d.

Satz 7 (Cauchyscher Produktsatz)

Seien {ak}k0 und {bk}k0 Folgen komplexer Zahlen, so dass die Reihen
k=0ak,k=0bk,k=0ck
mit den Koeffizienten
ck:=p=0kapbkp,k=0,1,2,
konvergieren. Dann gilt die Identität
(k=0ak)(k=0bk)=k=0ck.

Beweis

Wir definieren die Funktionen

(19) f(x):=k=0akxk,g(x):=k=0bkxk,h(x):=k=0ckxk,0x1,

welche nach dem Abelschen Stetigkeitssatz auf dem intervall [0,1] stetig sind. Für alle Punkte x[0,1) gilt nun

(20) f(x)g(x)=(k=0akxk)(k=0bkxk)=k=0ckxk=h(x),

da die Reihen dort absolut konvergieren. Beim Grenzübergang x1 erhalten wir

(21) (k=0ak)(k=0bk)=f(1)g(1)=h(1)=k=0ck.

q.e.d.

Reelle und komplexe Differenzierbarkeit (§3)

Definition 1

Sei das offene Intervall I:=(a,b) mit den Grenzen a<b+ sowie die Dimension m gegeben. Dann nennen wir die Funktion
f:Im
im Punkt x0I (reell) differenzierbar, falls der Grenzwert
(1) limxx0,xx0f(x)f(x0)xx0=:f(x0)m
existiert. Wir nennen f(x0)m die Ableitung von f im Punkt x0.

Bemerkung

Die Existenz des obigen Grenzwerts (1) bedeutet, dass für jede Folge {xn}nI{x0} mit limnxn=x0 folgendes gilt:

(2) limnf(xn)f(x0)xnx0=f(x)m.

Satz 1

Die Funktion f aus Definition 1 ist genau dann im Punkt x0I differenzierbar, wenn es eine stetige Funktion
ϕ(.)=ϕ(.,x0):Im mit der Eigenschaft ϕ(x0)=0
so gibt, dass die linear approximative Darstellung
f(x)=f(x0)+f(x0)(xx0)+(xx0)ϕ(x),xI
erfüllt ist.

Beweis

Sei f an der Stelle x0 differenzierbar. Dann erklären wir die Hilfsfunktion

(4) ϕ(x)=ϕ(x,x0):=f(x)f(x0)xx0f(x0) für xI{x0},:=0 für x=x0.

Die Differenzierbarkeit liefert

(5) limxx0,xx0ϕ(x,x0)=(limxx0,xx0f(x)f(x0)xx0)f(x0)=0

Stellen wir (4) geeignet um, so finden wir die gesuchte Darstellung (3).

Wir gehen nun von der Darstellung (3) aus, subtrahieren f(x0) und dividieren durch xx0:

(6) f(x)f(x0)xx0=f(x0)+ϕ(x),xI{x0}.

Hieraus ermitteln wir

(7) limxx0,xx0f(x)f(x0)xx0=f(x0),

womit die Differenzierbarkeit von f im Punkt x0 folgt.

q.e.d.

Satz 2

Sei die Funktion f aus Definition 1 im Punkt x0I differenzierbar. Dann ist sie dort auch stetig.

Definition 2

Sei die Funktion f aus Definition 1 gegeben. Falls diese in allen Punkten x0I differenzierbar ist, nennen wir f differenzierbar in I. Wir erhalten dann die abgeleitete Funktion
f:Im vermöge xI,xf(x)m
oder kurz die Ableitung von f auf I.

Satz 3 (Linearität der Differentiation)

Seien im offenen Intervall I:=(a,b) mit den Grenzen a<b+ die Funktionen
f,g:Im
im Punkt x0I differenzierbar und die Skalare α,β beliebig gewählt. Dann ist auch die Funktion
h(x):=αf(x)+βg(x),xI
im Punkt x0 differenzierbar und es gilt
(9) h(x0):=αf(x0)+βg(x0).

Beweis

Für alle xI{x0} ermitteln wir die Identität

h(x)h(x0)xx0=αf(x)f(x0)xx0+βg(x)g(x0)xx0.

Hieraus folgt durch Grenzübergang xx0 die Gleichung (9).

Definition 3

Falls die differenzierbare Funktion f aus Definition 2 eine stetige Ableitung
f:ImC0(I,m)
besitzt, so sprechen wir von einer in I stetig differenzierbaren Funktion. Der Vektorraum der 1-mal stetig differenzierbaren Funktionen auf dem offenen Intervall I wird gegeben durch
(11) C1(I,m):={f:ImC0(I,m):
es existiert f=f(x)C0(I,m)}
mit den Verknüpfungen aus Definition 6 in §1. Falls die intervallgrenzen <a<b<+ erfüllen, so erklären wir den Vektorraum der 1-mal stetig differenzierbaren Funktionen auf dem kompakten Intervall I wie folgt:
(12) C1(I,m):={f:ImC1(I,m):
f=f(x) und f=f(x) sind stetig auf I fortsetzbar}.

Satz 4 (Produktregel)

Seien im offenen Intervall I:=(a,b) mit den Grenzen a<b+ die Funktionen
f,g:I
im Punkt x0I differenzierbar. Dann ist auch die Funktion
h(x):=f(x)g(x),xI
im Punkt x0 differenzierbar und es gilt
(13) h(x0):=f(x0)g(x0)+f(x0)g(x0).

Beweis

Für alle xI{x0} berechnen wir

(14) h(x)h(x0)xx0=f(x)g(x)f(x0)g(x0)xx0
=f(x)g(x)f(x)g(x0)+f(x)g(x0)f(x0)g(x0)xx0
=f(x)g(x)g(x0)xx0+f(x)f(x0)xx0g(x0).

Der Grenzübergang xx0 liefert schließlich die Identität (13).

q.e.d.

Satz 5 (Quotientenregel)

Seien im offenen Intervall I:=(a,b) mit den Grenzen a<b+ die Funktionen
f,g:I
im Punkt x0I differenzierbar. Weiter sei die Bedingung
g(x)0 für alle xI
erfüllt. Dann ist auch die Funktion
h(x):=f(x)g(x),xI
im Punkt x0 differenzierbar und es gilt
(15) h(x0):=f(x0)g(x0)f(x0)g(x0)g2(x0).

Beweis

Für alle xI{x0} ermitteln wir

(16) h(x)h(x0)xx0=(f(x)g(x)f(x0)g(x0))1xx0
=f(x)g(x0)f(x0)g(x0)+f(x0)g(x0)f(x0)g(x)g(x)g(x0)(xx0)
1g(x)g(x0)(g(x0)f(x)f(x0)xx0f(x0)g(x)g(x0)xx0).

Wiederum liefert der Grenzübergang xx0 die behauptete Identität (15).

Satz 6 (Kettenregel)

Sei im offenen Intervall I:=(a,b) mit den Grenzen a<b+ die Funktion
f=f(x):I
im Punkt x0I differenzierbar und der Bildpunkt y0:=f(x0) erklärt. Auf dem Intervall J:=(A,B) mit den Grenzen A<B+ sei die Funktion
g=g(y):Jm
im Punkt y0J differenzierbar und die Inklusion f(I)J sei erfüllt. Dann ist auch die Funktion
h(x):=gf(x)=g(f(x)),xI
im Punkt x0 differenzierbar und es gilt die Kettenregel
(17) h(x0)=g(f(x0))f(x0)=g(y0)f(x0).

Beweis

Wir betrachten beliebige Folgen {xn}nI{x0} mit dem Grenzwert limnxn=x0. Wir definieren

yn:=f(xn),n=1,2, sowie y0:=f(x0)

und setzen zunächst die Bedingung

(18) yn=f(xn)f(x0)=y0 für alle nN

mit einem hinreichend großen Index N voraus. Dann erweitern wir die Differenzenquotienten

(19) h(xn)h(x0)xnx0=g(f(xn))g(f(x0))xnx0=g(yn)g(y0)xnx0
=g(yn)g(y0)yny0f(xn)f(x0)xnx0

Hieraus folgt durch Grenzübergang n die Gleichung (17). Insofern die Bedingung (18) verletzt ist, so gibt es eine Teilfolge

{x'n}n{xn}n mit f(x'n)=f(x0) für alle n.

Wir erhalten dann für die Differenzenquotienten

(20) h(x'n)h(x0)x'nx0=g(f(x'n))g(f(x0))x'nx0=0.

Beim Grenzübergang n erhalten wir wiederum

h(x0)=0=g(y0)f(x0).

q.e.d.

Satz 7 (Differentiation der Umkehrfunktion)

Seien die offenen Intervalle I:=(a,b) mit den Grenzen <a<b<+ und J:=(A,B) mit <A<B<+ gegeben. Die stetige, streng monotone, surjektive Funktion
f:IJ
besitze die Umkehrfunktion
g=g(y):JI.
Weiter sei f in I differenzierbar und erfülle f(x)0 für alle xI. Dann ist die Funktion
g(y),yI
im offenen Intervall J differenzierbar und es gilt
(21) g(y)=1f(g(y)),yJ.

Beweis

Wir wählen einen Punkt y0J beliebig sowie eine Folge

{yn}nJ{y0} mit limnyn=y0.

Wegen der Stetigkeit der Umkehrfunktion ist für die Folge

xn:=g(yn),n=1,2,3,

die Relation limnxn=g(y0)=:x0 erfüllt. Wir erhalten dann

(22) g(yn)g(y0)yny0=xnx0f(xn)f(x0)={f(xn)f(x0)xnx0}1

für alle n. Wegen f(x0)0 erhalten wir

(23) limng(yn)g(y0)yny0=1f(g(y0)).

q.e.d.

Satz 8 (Rollescher Satz)

Sei die Funktion f:[a,b] auf dem abgeschlossenen Intervall [a,b] mit den Grenzen <a<b<+ stetig und auf dem offenen Intervall (a,b) differenzierbar. Weiter sei f(a)=0=f(b) erfüllt. Dann gibt es eine Stelle ξ(a,b) mit f(ξ)=0.

Beweis

Falls f(x)=0,x[a,b] erfüllt ist, so folgt f(x)=0,x(a,b) und die Aussage des Satzes ist richtig.

Andernfalls gibt es ein x0(a,b) mit f(x0)0 und wir können ohne Einschränkung f(x0)>0 annehmen. Nach Satz 8 aus §1 gibt es eine Maximalstelle ξ(a,b) mit der Eigenschaft

(24) f(x)f(ξ) für alle x[a,b].

Wir betrachten jetzt den Differenzenquotienten mit den Eigenschaften

(25) f(x)f(ξ)xξ0 für alle ax<ξ und f(x)f(ξ)xξ0 für alle bx>ξ.

Da f im Punkt ξ differenzierbar ist, liefern der links- und rechtsseitige Grenzwert in (23) die Beziehung

(26) f(ξ)0 bzw. f(ξ)0.

Somit folgt f(ξ)=0.

q.e.d.

Satz 9 (Allgemeiner Mittelwertsatz der Differentialrechnung)

Seien die Funktionen f,g:[a,b] auf dem abgeschlossenen Intervall [a,b] mit den Grenzen <a<b<+ stetig und auf dem offenen Intervall (a,b) differenzierbar. Weiter gelte
g(x)0 für alle x(a,b)
und g(a)g(b). Dann gibt es eine Stelle ξ(a,b) mit
f(ξ)g(ξ)=f(b)f(a)g(b)g(a).

Beweis

Wir betrachten die Hilfsfunktion

(27) h(x):=f(x)f(a)f(b)f(a)g(b)g(a)(g(x)g(a)),x[a,b].

Wir ermitteln, dass h in [a,b] stetig und in (a,b) differenzierbar ist sowie

h(a)=0=h(b).

Nach dem Rolleschen Satz gibt es einen Punkt ξ(a,b) mit der Eigenschaft

(28) 0=h(ξ)=f(ξ)f(b)f(a)g(b)g(a)g(ξ)

bzw.

(29) f(ξ)g(ξ)=f(b)f(a)g(b)g(a).

q.e.d.

Satz 10 (Mittelwertsatz der Differentialrechnung)

Sei die Funktion f:[a,b] auf dem abgeschlossenen Intervall [a,b] mit den Grenzen <a<b<+ stetig und auf dem offenen Intervall (a,b) differenzierbar. Dann gibt es eine Stelle ξ(a,b) mit der Eigenschaft
f(ξ)=f(b)f(a)ba.

Bemerkungen

  1. Man findet also im Innern des Intervalls einen Punkt, wo das Steigungsmaß der Tangente an die Funktion f mit dem der Sekante durch die Punkte (a,f(a)) und (b,f(b)) übereinstimmt.
  2. Über den Mittelwertsatz sieht man leicht ein, dass eine Funktion schwach monoton steigend bzw. fallend ist, falls ihre Ableitung nicht negativ bzw. nicht positiv in ihrem Definitionsintervall ist.

Definition 4

Auf der offenen Menge Ω sei die Funktion f=f(z):Ω erklärt und der Punkt z0Ω sei gewählt. Dann heißt f im Punkt z0 komplex differenzierbar, wenn der Grenzwert
limzz0,zz0f(z)f(z0)zz0=:f(z0)
existiert. Wir nennen f(z0) die komplexe Ableitung der Funktion f an der Stelle z0. Falls f(z) für alle zΩ existiert und die Funktion f=f(z):Ω stetig ist, nennen wir die Funktion f holomorph in Ω.

Bemerkungen

Mit den konvergenten Potenzreihen werden wir in Satz 15 wichtige Beispiele holomorpher Funktionen kennen lernen. Insbesondere stellen also die Polynome holomorphe Funktionen dar. Wir geben nun mit der Funktion

f(z):=z,z

eine nicht holomorphe Funktion an. Für einen beliebigen Punkt z betrachten wir die Grenzwerte

limh0,h>0f(z+ih)f(z)(z+ih)z=limh0,h>0(z+ih)zih=limh0,h>0ihih=1

sowie

limh0,h>0f(z+h)f(z)(z+h)z=limh0,h>0(z+h)zh=limh0,h>0hh=+1

Somit ist f für kein z komplex differenzierbar.

Wir notieren nun die Differentiationsregeln für holomorphe Funktionen, die wir wie im Reellen beweisen können; dieses überlassen wir dem Leser zur Übung.

Satz 11 (Linearitäts-, Produkt- und Quotientenregel für holomorphe Funktionen)

Auf der offenen Menge Ω seien die holomorphen Funktionen f,g:Ω sowie die komplexen Konstanten α,β gegeben. Dann sind auch die Funktionen
h1(z):=αf(z)+βg(z) und h2(z):=f(z)g(z),z
holomorph und es gilt die Linearitätsregel
h1(z):=αf(z)+βg(z)
bzw. die Produktregel
h2(z):=f(z)g(z)+f(z)g(z),z
Falls zusätzlich g(z)0 für alle zΩ gilt, so erfüllt die holomorphe Funktion
h3(z):=f(z)g(z),zΩ
die Quotientenregel
h3(z):=f(z)g(z)f(z)g(z)g2(z),zΩ.

Satz 12 (Kettenregel für holomorphe Funktionen)

Seien Ω und Θ zwei offene Mengen, auf denen die holomorphen Funktionen
f=f(z):ΩΘ und g=g(w):Θ
erklärt sind. Dann ist auch die Funktion
h(z):=gf(z)=g(f(z)),zΩ
holomorph und es gilt die Kettenregel
h(z)=g(f(z))f(z),zΩ.

Satz 13 (Komplexe Kettenregel)

Auf der offenen Menge Θ sei die Funktion g=g(w):Θ holomorph – mit der komplexen Ableitung g(w),wΘ. Weiter sei im offenen Intervall I:=(a,b) mit den Grenzen a<b+ die Funktion f=f(x):IΘ reell differenzierbar mit der stetigen Ableitung f(x),xI. Dann ist auch die komponierte Funktion
h(x):=gf(x)=g(f(x)),xI
im Intervall I stetig differenzierbar und es gilt die komplexe Kettenregel
(30) h(x)=g(f(x))f(x),xI.

Beweis

Verwende die Argumente aus dem Beweis zu Satz 6.

Satz 14 (Holomorphe Umkehrfunktion)

Seien Ω und Θ zwei offene Mengen, auf denen die holomorphe und bijektive Funktion f=f(z):ΩΘ mit der Eigenschaft f(z)0 für alle zΩ erklärt ist. Dann ist auch ihre Umkehrfunktion g=g(w):ΘΩ holomorph und es gilt
(31) g(w)=1f(g(w)),wΘ.

Satz 15 (Differentiation von Potenzreihen)

Die Potenzreihe
f(z):=n=0anzn,zKR
konvergiere in der Kreisscheibe KR:={z:|z|<R} mit dem festen Konvergenzradius 0<R+. Dann ist die Funktion f:KR holomorph und es gilt
f(z):=n=1nanzn1,zKR
für ihre komplexe Ableitung.

Beweis

1. Zunächst zeigen wir die Konvergenz der gliedweise differenzierten Reihe n=1nanzn1 für alle zKR. Nach dem Cauchyschen Konvergenzkriterium für Reihen ist die Konvergenz dieser Reihe äquivalent zur Konvergenz der Reihe

n=1nanzn=n=1bnzn mit bn:=nan für alle n.

Nun ermitteln wir

(32) lim supn|bn|n=lim supn(nn|an|n)=lim supn|an|n.

Folglich hat die gliedweise differenzierte Reihe den gleichen Konvergenzradius wie die ursprüngliche Reihe.

2. Zu festem z mit |z|<R0<R wählen wir w mit wz sowie |w|R0 beliebig und betrachten den Differenzenquotienten

(33) f(w)f(z)wz=n=0anwnznwz=n=1angn(w,z).

Hier verwenden wir die Hilfsfunktion

(34) gn(w,z):=(wn1+wn2z++wzn2+zn1),w,zKR0

für alle n. Wegen der Abschätzung

(35) |angn(w,z)|n|an|R0n1 für alle w,z mit |w|R0,|z|R0

für alle n und der Aussage

n=1n|an|R0n1<

liefert der Weierstraßsche Majorantentest (M-Test) die gleichmäßige Konvergenz der Reihe aus (33) für alle w,z mit |w|R0,|z|R0. Somit erhalten wir eine in w und z stetige Funktion. Beim Grenzübergang wz,wz ergibt sich schließlich

(36) f(z)=n=1angn(z,z)=n=1nanzn1.

Riemannsches Integral für stetige Funktionen (§4)

Wir betrachten ein kompaktes Intervall Q:=[a,b] mit den Grenzen <a<b<+ und der Länge |Q|=ba sowie eine reellwertige, beschränkte Funktion

f=f(x):Q

Nun wählen wir eine Zerlegung 𝒵 des Intervalls Q in p=p(𝒵) Teilintervalle wie folgt:

(1) 𝒵:Es gibt p=p(𝒵) Teilintervalle Qj:=[xj1,xj]der La¨ngen |Qj|=xjxj1,j=1,...,pmit den Teilungspunkten a=x0<x1<x2<...<xp1<xp=b.

Definition 1

Wir nennen 𝒵:=max{x1x0,,xpxp1} das Feinheitsmaß der Zerlegung 𝒵.

Definition 2

Wählen wir zur Zerlegung 𝒵 aus (1) beliebige Zwischenpunkte ξjQj für j=1,,p, welche wir zum Vektor ξ:={ξj}j=1,,p zusammenfassen, so definiert man mittels
(2) R(f,𝒵,ξ):=j=1pf(ξj)(xjxj1)
die Riemannsche Zwischensumme in Abhängigkeit von 𝒵 und ξ.

Satz 1 (Integrabilität stetiger Funktionen auf kompakten Intervallen)

Sei f=f(x):QC0(Q) eine stetige Funktion auf dem kompakten Intervall Q. Dann gibt es zu jedem ε>0 ein δ=δ(ε)>0 mit folgender Eigenschaft:
Für je zwei beliebige Zerlegungen 𝒵(k) gemäß (1) mit den Feinheitsmaßen 𝒵(k)<δ sowie beliebig ausgewählten Zwischenpunkten
ξ(k):={ξj(k)}j=1,,p(k),k=1,2
ist die nachfolgende Abschätzung
(3) |R(f,𝒵(1),ξ(1))R(f,𝒵(1),ξ(1))|ε(ba)
richtig.

Beweis

1. Da stetige Funktionen auf kompakten Mengen gemäß Satz 7 aus §1 gleichmäßig stetig sind, gibt es zu vorgegebenem ε>0 ein δ(ε)>0 mit der folgenden Eigenschaft

(4) x*,x**Q mit |x*x**|<2δ(ε)|f(x*)f(x**)|<ε.

2. Mit k=1,2 betrachten wir nun zwei Zerlegungen 𝒵(k) des Intervalls Q in die p(k)=p(𝒵(k)) Teilintervalle

Qj(k):=[xj1(k),xj(k)],j=1,,p(k)

mit den Teilungspunkten

a=x0(k)<x1(k)<x2(k)<<xp(k)1(k)<xp(k)(k)=b,

deren Feinheitsmaße 𝒵(k)<δ(ε) erfüllen. Wir verwenden jetzt die Verfeinerung der beiden Zerlegungen 𝒵(1) und 𝒵(2), nämlich

𝒵:=𝒵(1)𝒵(2)

gemäß (1). Dabei bestehen die Teilungspunkte von 𝒵 aus den Punkten

{xj}j=1,,p={xj(1)}j=1,,p(1){xj(2)}j=1,,p(2)

und sie bilden die Intervalle

Qj=[xj1,xj]j=1,,p

der Gesamtzahl

max{p(1),p(2)}pp(1)+p(2).

3. Seien nun zu den Zerlegungen 𝒵(k) beliebige zwischenpunkte

ξj(k)Qj(k),j=1,,p(k)

mit k=1,2 ausgewählt. Dann setzen wir für j=1,2,,p und k=1,2 folgendermaßen Zwischenwerte fest:

(5) yj(k):=f(ξl(j,k)(k)), falls QjQl(k) für ein l=l(j,k){1,,p(k)}.

Mit Hilfe von (4) und (5) und der Ungleichung 𝒵(k)<δ(ε) schätzen wir wie folgt ab:

(6) |yj(1)yj(2)|=|f(ξl(j,1)(1))f(ξl(j,2)(2))|<ε für j=1,2,,p.

Die Riemannschen Zwischensummen R(k)=R(f,𝒵(k),ξ(k)) ermitteln wir folgendermaßen:

(7) R(k)=j=1p(k)f(ξj(k))(xj(k)xj1(k))=j=1pyj(k)(xjxj1),k=1,2.

4. Mit Hilfe der Ungleichungen (6) und (7) schätzen wir nun ab:

(8) |R(1)R(2)|=|j=1p(yj(1)yj(2))(xjxj1)|
j=1p|yj(1)yj(2)|(xjxj1)
εj=1p(xjxj1)=ε(ba).

q.e.d.

Definition 3

Eine Folge von Zerlegungen {𝒵(k)}k=1,2,3, nennen wir ausgezeichnet, wenn deren Feinheitsmaß gemäß
limk𝒵(k)=0
gegen Null strebt.

Definition 4

Eine beschränkte Funktion f=f(x):Q auf dem kompakten Intervall I nennen wir Riemann-integrierbar oder kurz integrierbar, wenn für jede ausgezeichnete Zerlegungsfolge {𝒵(k)}k=1,2,3, und beliebig ausgewählte Zwischenpunkte
ξ(k):={ξj(k)}j=1,,p(k),k=1,2,
die Folge der Riemannschen Zwischensummen
R(f,𝒵(k),ξ(k)),k=1,2,
konvergiert. In diesem Falle nennen wir
(9) abf(x)dx:=limkR(f,𝒵(k),ξ(k))
das (Riemannsche) Integral von f über das Intervall [a,b].

Satz 2 (Integration stetiger Funktionen auf kompakten Intervallen)

Es gelten die folgenden Aussagen:
1. Jede stetige Funktion fC0(Q) ist Riemann-integrierbar.
2. Für stetige Funktionen f,gC0(Q) und Skalare α,β gilt die Linearitätsregel
ab(αf(x)+βg(x))dx=αabf(x)dx+βabg(x)dx.
3. Für jede stetige Funktion fC0(Q) gilt die Abschätzung
|abf(x)dx|(ba)supxQ|f(x)|.

Beweis

1. Die Integrabilität folgt sofort aus obigem Satz 1.

2. Für beliebige Zerlegungen 𝒵 von Q und beliebige Zwischenpunkte ξ gilt die Identität

R(αf+βg,𝒵,ξ)=αR(f,𝒵,ξ)+βR(g,𝒵,ξ).

Betrachten wir dann eine ausgezeichnete Zerlegungsfolge mit entsprechenden beliebigen Zwischenpunkten, so folgt

(10) limkR(αf+βg,𝒵(k),ξ(k))
=αlimkR(f,𝒵(k),ξ(k))+βlimkR(g,𝒵(k),ξ(k)).

Damit erhalten wir die Linearitätsregel.

3. Wiederum gehen wir auf die Riemannschen Zwischensummen zurück und schätzen wie folgt ab:

(11) |R(f,𝒵,ξ)|=|j=1pf(ξj)(xjxj1)|j=1p|f(ξj)|(xjxj1)
supxQ|f(x)|j=1p(xjxj1)=(ba)supxQ|f(x)|.

Dann lassen wir die Zerlegungen eine ausgezeichnete Folge mit ihren Zwischenpunkten durchlaufen und wir erhalten beim Grenzübergang auch diese Aussage.

q.e.d.

Bemerkungen

1. Wenn wir eine positive Funktion f=f(x):Q(0,+)C0(Q) betrachten, so approximiert das Integral offenbar den Flächeninhalt des ebenen Bereichs

{(x,y)2:axb,0yf(x)}.

2. Bei der Dirichletschen Sprungfunktion

f(x):=1 für x[0,1], f(x):=0 für x[0,1]

wählen wir zu jeder ausgezeichneten Zerlegungsfolge des Intervalls [0,1] alternierend nur rationale oder irrationale Zwischenpunkte, so dass dann die Riemannschen Zwischensummen alternierend die Werte +1 bzw. 0 annehmen. Somit ist gemäß Definition 4 die Dirichletsche Sprungfunktion nicht Riemann-integrierbar.
3. In Kapitel V werden wir eine Riemannsche Integrationstheorie für reellwertige Funktionen in n Veränderlichen entwickeln. Wir werden insbesondere die Frage beantworten, wie groß die Menge der Unstetigkeiten einer Funktion sein darf, damit sie noch Riemann-integrierbar ist

Integration mittels reeller und komplexer Stammfunktionen (§5)

Hilfssatz 1

Für jede stetig differenzierbare Funktion
f=f(x):QC1(Q)
gilt die Leibnizsche Identität
(1) abf(x)dx=f(b)f(a).

Beweis

Wir wählen eine beliebige Zerlegung

(2) 𝒵:a=x0<x1<x2<<xp1<xp=b

des Intervalls Q. In jedem Teilintervall Qj finden wir mit dem Mittelwertsatz der Differentialrechnung einen Punkt ξjQj, so dass

f(xj)f(xj1)=f(ξj)(xjxj1)

für j=1,,p richtig ist. Als Riemannsche Zwischensumme für die Ableitung f erhalten wir dann

(3) R(f,𝒵,ξ)=j=1pf(ξj)(xjxj1)=j=1p(f(xj)f(xj1))=f(b)f(a).

Lassen wir nun die Zerlegungen eine ausgezeichnete Folge durchlaufen, so ergibt sich die Leibnizsche Identität. Hierbei beachten wir, dass die Ableitung als stetige Funktion auf Q integrierbar ist.

q.e.d.

Definition 1

Die komplexwertige Funktion f=f1(x)+if2(x):Q heißt genau dann integrierbar, wenn sowohl ihr Realteil f1=f1(x):Q als auch ihr Imaginärteil f2=f2(x):Q integrierbar ist. In diesem Fall setzen wir
abf(x)dx=abf1(x)dx+iabf2(x)dx.

Definition 2

Für die komplexwertige, integrierbare Funktion f:Q erklären wir mit Hilfe von Definition 1 wie folgt ein orientiertes Integral. Seien die Punkte x0,x1Q beliebig, so definieren wir
(4) x0x1f(x)dx=x0x1f(x)dx, falls x0<x1 gilt;
(4) x0x1f(x)dx=0, falls x0=x1 gilt;
(4) x0x1f(x)dx=x0x1f(x)dx, falls x0>x1 gilt.

Hilfssatz 2 (Additivität des orientierten Integrals)

Für die komplexwertige, integrierbare Funktion f=f1(x)+if2(x):Q gilt die Additivitätsregel
x1x2f(x)dx+x2x3f(x)dx=x1x3f(x)dx
bei beliebigen Zwischenpunkten x1,x2,x3Q.

Beweis

Falls ax1<x2<x3b für die Zwischenpunkte erfüllt ist, sehen wir die Additivitätsregel durch Approximation mit den Riemannschen Summen ein. Mit Hilfe von Definition 2 des orientierten Integrals erhalten wir dann die Identität auch im allgemeinen Fall.

q.e.d.

Satz 1 (Fundamentalsatz der Integral- und Differentialrechnung)

Für jede stetig differenzierbare Funktion
f=f(x):QC1(Q,)
und je zwei Punkte x0,x1Q gilt die Identität
x0x1f(x)dx=f(x1)f(x0).

Beweis

Im Falle x0<x1 wenden wir Hilfssatz 1 sowohl auf den Realteil als auch auf den Imaginärteil der Funktion an:

x0x1fj(x)dx=fj(x1)fj(x2) für j=1,2.

Addition liefert dann die Leibnizsche Identität. Im Falle x0>x1 ermitteln wir

x0x1f(x)dx=x1x0f(x)dx=(f(x0)f(x1))=f(x1)f(x0).

q.e.d.

Satz 2 (Partielle Integration)

Für zwei stetig differenzierbare Funktionen
f=f(x),g=g(x):QC1(Q,)
gilt die Identität
(5) ab(f(x)g(x))dx=[f(x)g(x)]x=ax=bab(f(x)g(x))dx
mit der üblichen Abkürzung
(6) [h(x)]x=ax=b:=h(b)h(a).

Beweis

Wir differenzieren mit der Produktregel

f(x)g(x)+f(x)g(x)=(f(x)g(x)),xQ

und integrieren anschließend mit Hilfe von Satz 1 wie folgt: ab(f(x)g(x))dx+ab(f(x)g(x))dx=[f(x)g(x)]x=ax=b

q.e.d.

Definition 3

Die Funktion F=F1(x)+iF2(x):QC1(Q,) heißt reelle Stammfunktion der Funktion f=f1(x)+if2(x):QC0(Q,), falls deren reelle Ableitung die Identität
F(x)=f(x),xQ
erfüllt. Die Gesamtheit der reellen Stammfunktionen bezeichnen wir mit
(7) f(x)dx:={F:Q|F ist reelle Stammfunktion von f:Q}.

Satz 3 (Integrationskonstanten)

Ist F:Q eine reelle Stammfunktion von f:Q, so wird die Gesamtheit aller reellen Stammfunktionen gegeben durch
(8) f(x)dx=F(x)+c,xQ mit einer Konstante c.

Satz 4 (Unbestimmtes Integral)

Sei f:QC0(Q,) eine stetige Funktion und x0Q beliebig gewählt. Dann liefert das unbestimmte Integral
F(x):=x0xf(t)dt,xQ
eine reelle Stammfunktion von f.

Beweis

1. Zunächst betrachten wir reellwertige stetige Funktionen f:Q und wählen x1Q mit der Eigenschaft f(x1)=0. Die Additivität des Integrals liefert

(9) F(x)F(x1)xx1=1xx1x1xf(t)dt.

Teil 3.) aus Satz 2 in §4 ergibt die Abschätzung

(10) |F(x)F(x1)xx1|=|x1xf(t)dt||xx1|
|xx1|sup{f(ξ):ξ=λx+(1λ)x1,λ[0,1]}|xx1|
=sup{f(ξ):ξ=λx+(1λ)x1,λ[0,1]}.

Beim Grenzübergang xx1 folgt

F(x1)=0=f(x1)

wegen der Stetigkeit von f im Punkr x1.

2. Sei nun f:Q eine reellwertige Funktion und x1Q beliebig gewählt. Mit dem Fundamentalsatz der Differential- und Integralrechnung ermitteln wir für die konstante Funktion ϕ(x):=f(x1),xQ das unbestimmte Integral

Φ(x):=x0xϕ(t)dt=f(x1)x0x1dt=f(x1)(xx0),xQ.

Mit Hilfe von Teil 1.) differenzieren wir die Stammfunktion

F(x)=x0x(f(t)f(x1))dt+Φ(x),xQ

im Punkt x1 wie folgt:

F(x1)=0+Φ(x1)=f(x1).

3. Für die komplexwertige stetige Funktionen f:Q differenzieren wir ihr unbestimmtes Integral

F(x)=x0xf1(t)dt+ix0xf2(t)dt,xQ

getrennt im Real- bzw. Imaginärteil gemäß Teil 2.) und erhalten:

F(x)=f1(x)+if2(x)=f(x),xQ.

q.e.d.

Definition 4

Eine nicht leere, offene Menge Ω heißt ein Gebiet, falls sie in folgendem Sinne zusammenhängend ist: Zu je zwei Punkten z0,z1Ω gibt es eine stetige Funktion
(11) ζ(t)=ξ(t)+iη(t):[0,1]ΩC0([0,1],Ω) mit dem Anfangswert ζ(0)=z0 und dem Endpunkt ζ(1)=z1.
Wir nennen ζ einen stetigen Weg von z0 nach z1 in Ω.

Im nachfolgenden Beweis wird ein Fortsetzungsargument in Gebieten präsentiert, das oft in der Analysis verwandt wird.

Satz 5

Sei die holomorphe Funktion f:Ω auf dem Gebiet Ω mit der Eigenschaft
f(z)=0, für alle zΩ
gegeben. Dann folgt f(z)=c für alle zΩ mit einer Konstanten c.

Beweis

1. Seien z0,z1Ω zwei Punkte, die durch einen differenzierbaren Weg

(12) ζ(t):[0,1]ΩC1([0,1],Ω) mit dem Anfangswert ζ(0)=z0 und dem Endpunkt ζ(1)=z1

verbunden werden können. Wir betrachten dann die Funktion

F(t):=f(ζ(t)),0t1

und differenzieren sie mit Hilfe der komplexen Kettenregel. Wir erhalten

F(t):=f(ζ(t))ζ(t)=0,0<t<1.

Mit den Argumenten zum Beweis von Satz 2 ist diese Funktion auf ihrem Definitionsintervall konstant. Damit ergibt sich

f(z0)=f(ζ(0))=F(0)=F(1)=f(ζ(1))=f(z1).

2. Ist nun z0Ω und ε>0 so gewählt, dass die Kreisscheibe

Kε(z0)={z:|zz0|<ε}

die Inklusion Kε(z0)Ω erfüllt. Da jetzt jeder Punkt zKε(z0) mit z0 durch den differenzierbaren Weg

ζ(t):=z0+t(zz0),t[0,1]

verbunden werden kann, liefert Teil 1.) die Aussage

f(z)=const auf Kε(z0).

Somit ist die Funktion f lokal konstant

3. Sind nun z0,z1 zwei beliebige Punkte in Ω, so können wir sie durch einen stetigen Weg

ζ(t):[0,1]ΩC0([0,1],Ω) mit ζ(0)=z0 und ζ(1)=z1

miteinander verbinden. Wir betrachten nun die stetige Funktion

F(t):=f(ζ(t)),t[0,1].

Nun wählen wir t*[0,1] maximal, so dass

F(t)=const für alle t[0,t*]

gilt. Wäre t*<1 erfüllt, so gäbe es es wegen Teil 2.) ein ε>0, so dass

F(t)=const,t*ε<t<t*+ε

richtig ist – denn f ist lokal konstant. Dieses steht im Widerspruch zur Wahl von t*. Somit folgt t*=1 und schließlich

f(z0)=F(0)=F(1)=f(z1).

q.e.d.

Definition 5

Die auf dem Gebiet Ω holomorphe Funktion
F=F(z):Ω
heißt komplexe Stammfunktion der Funktion f=f(z):Ω, falls deren komplexe Ableitung die Identität
F(z)=f(z),zΩ
erfüllt. Die Gesamtheit der komplexen Stammfunktionen bezeichnen wir mit
(13) f(z)dz:={F:Ω|F ist eine Stammfunktion von f:Ω}.

Bemerkung

Nach Satz 5 sind die komplexen Stammfunktionen auf einem Gebiet Ω bis auf eine Konstante bestimmt: Ist F:Ω eine komplexe Stammfunktion von f:Ω, so wird die Gesamtheit aller komplexen Stammfunktionen gegeben durch

(14) f(z)dz=F(z)+c,zΩ mit einer Konstante c.

Satz 6 (Komplexe Substitutionsregel)

Sei die holomorphe Funktion f:Ω auf dem Gebiet Ω mit der stammfunktion F:Ω gegeben. Weiter sei der differenzierbare Weg ζ(t):[0,1]ΩC1([0,1],Ω) mit dem Anfangspunkt ζ(0)=z0 und dem Endpunkt ζ(1)=z1 beliebig in Ω gewählt. Dann gilt
(15) 01f(ζ(t))ζ(t)dt=F(z1)F(z0).
Der Wert des Integrals hängt also nur von dem Anfangs- und Endpunkt – aber nicht vom gewählten Weg – ab.

Beweis

Mit hilfe der komplexen kettenregel und des fundamentalsatzes der Differential- und integralrechnung ermitteln wir:

(16) 01f(ζ(t))ζ(t)dt=01F(ζ(t))ζ(t)dt=01ddt(F(ζ(t)))dt
=[F(ζ(t))]t=0t=1=F(ζ(1))F(ζ(0))=F(z1)F(z0).

q.e.d.

Satz 7 (Substitutionsregel)

Wir betrachten eine reellwertige Kurve
ξ(t):[α,β]C1([α,β],),
definiert auf einem kompakten Intervall mit den Grenzen <α<β<+ und wir setzen als Bildpunkte a:=ξ(α) sowie b:=ξ(β). Weiter wählen wir ein Intervall P:=[A,B] mit den Grenzen <A<B<+, welches die Inklusion ξ([α,β])P erfüllt. Dann haben wir für jede stetige Funktion f:PC0(P,) die Identität
(17) αβf(ξ(t))ξ(t)dt=abf(x)dx.

Beweis

Die Funktion f:P besitzt das uneigentliche Integral

F(x):=Axf(ξ)dξ,xP

als Stammfunktion. Wie im Beweis zu Satz 6 integrieren wir jetzt die Ableitung der Komposition

F(ξ(t)),t[α,β],

nämlich

f(ξ(t))ξ(t),t[α,β]

und erhalten

(18) αβf(ξ(t))ξ(t)=F(ξ(β))F(ξ(α))=F(b)F(a).

Wählen wir nun speziell

ξ(t):=x,x[a,b]

in (18), so erhalten wir

(19) abf(x)dx=F(b)F(a).

Aus den Identitäten (18) und (19) folgt die Substitutionsregel (17).

q.e.d.

Satz 8 (Reelle Stammfunktionen)

Zur Bestimmung von reellen Stammfunktionen sind die folgenden Aussagen richtig:
1. Unbestimmte Linearitätsregel: Seien f,gC0(Q,) beliebige Funktionen und die Skalare α,β gewählt, so gilt
(20) (αf(x)+βg(x))dx=αf(x)dx+βg(x)dx.
2. Unbestimmte partielle Integration: Für beliebige Funktionen f,gC1(Q,) gilt
(21) (f(x)g(x))dx=f(x)g(x)(f(x)g(x))dx
3. Unbestimmte Substitution: Wir betrachten eine reellwertige Funktion
ξ(t):[α,β]C1([α,β],),
welche auf einem kompakten Intervall mit den Grenzen <α<β<+ definiert ist. Weiter wählen wir ein Intervall P:=[A,B] mit den Grenzen <A<B<+, welches die Inklusion ξ([α,β])P erfüllt. Dann haben wir für jede stetige Funktion f:PC0(P,) die Identität
(22) f(ξ(t))ξ(t)dt={f(x)dx}|x=ξ(t)

Beweis

Nach Satz 3 ist die stammfunktion einer stetigen funktion bis auf eine Konstante bestimmt und sie kann durch das unbestimmte Integral aus Satz 4 berechnet werden. Somit liefern der Satz 2 aus §4 und die Sätze 2 sowie 7 über bestimmte Integrale durch differentiation nach der oberen Grenze die angegebenen rechenregeln. Zum Beispiel wird die Regel für die unbestimmte partielle Integration aus der identität (5) mit der oberen Grenze b=x, nämlich

ax(f(ξ)g(ξ))dξ=f(x)g(x){ax(f(ξ)g(ξ))dξ+f(a)g(a)},xQ,

gewonnen.

q.e.d.

Satz 9 (Integration von Potenzreihen)

Die Potenzreihe
f(z):=n=0anzn,zKR
mit den komplexen Koeffizienten an,n0 konvergiere in der Kreisscheibe KR:={z:|z|<R} mit dem festen Konvergenzradius 0<R+. Dann ist die Gesamtheit der Stammfunktionen von f gegeben durch
(23) f(z)dz=n=01n+1anzn+1+c,zKR
mit einer Integrationskonstante c.

Beweis

Ebenso wie im Beweis zu Satz 15 in §3 zeigt man mit dem Wurzelkriterium die Konvergenz der gliedweise integrierten Reihe

F(z):=n=01n+1anzn+1+c,zKR.

Nach Satz 15 aus §3 stellt die angegebene Potenzreihe eine holomorphe Funktion in KR dar und gliedweise Differentiation ergibt

F(z):=n=0anzn=f(z),zKR.

Nach Satz 15 aus §3 stellt die angegebene Potenzreihe eine holomorphe Funktion in KR dar und gliedweise Differentiation ergibt

F(z)=n=0anzn=f(z),zKR.

q.e.d.

Bemerkungen

  1. Um allgemeiner für beliebige holomorphe Funktionen eine komplexe Stammfunktion zu bestimmen, benötigen wir die Theorie der Kurvenintegrale, welche von A. Cauchy begründet wurde.
  2. Im folgenden werden wir einfach von Stammfunktionen sprechen, wenn aus dem Zusammenhang klar ist, ob es sich um reelle oder komplexe Stammfunktionen handelt.

Die Taylorsche Formel (§6)

Definition 1

Sei f:Im eine differenzierbare Funktion f(x),xI auf dem offenen Intervall I:=(a,b) mit den Grenzen a<b+. Ist f:Im wiederum eine differenzierbare Funktion auf I mit der Ableitung f(x),xI, so nennen wir f 2-mal differenzierbar auf I. Entsprechend erklären wir die k-malige Differenzierbarkeit induktiv. Für eine k-mal differenzierbare Funktion f bezeichnen wir deren Ableitungen 0-ter bis k-ter Ordnung mit
f(x),f(x),f(x),,f(k)(x),xI
Hierbei ist k0 gewählt worden. Eine k-mal differenzierbare Funktion nennen wir k-mal stetig differenzierbar, wenn die k-te Ableitung
f(k)(x),xI
eine stetige Funktion auf I darstellt.

Definition 2

Mit den Bezeichnungen aus Definition 1 erklären wir den Vektorraum der k-mal stetig differenzierbaren Funktionen auf dem offenen Intervall I (oder kurz den Ck(I,m)-Raum) wie folgt:
Ck(I,m):={f:Im:f ist k mal stetig differenzierbar in I}.
Die Verknüpfungen hatten wir bereits im Raum C0(I,m) in Definition 6 aus §1 erklärt. Falls m=1 gilt, schreiben wir kurz Ck(I):=Ck(I,). Falls m=2 ist, setzen wir Ck(I,):=Ck(I,2) und verwenden im Bildraum die komplexe Multiplikation. Unter der Menge
C(I,m):=k=0Ck(I,m)
verstehen wir den Vektorraum der beliebig oft differenzierbaren Funktionen auf dem Intervall I – oder kurz den C(I,m)-Raum.

Mit den Differentiationsregeln aus §3 und den Stetigkeitsaussagen in §1 prüft man leicht nach, dass diese Funktionenräume mit den angegebenen Verknüpfungen Vektorräume sind.

Definition 3

Seien die Intervallgrenzen <a<b<+ für das Intervall I in Definition 1 gegeben und k0. Dann erklären wir den Vektorraum der k-mal stetig differenzierbaren Funktionen auf dem kompakten Intervall I oder kurz den Ck(I,m)-Raum wie folgt:
(1) Ck(I,m):={f:ImCk(I,m):
f(j) ist stetig auf I fortsetzbar fu¨r j=0,1,2,,k}.
Die Verknüpfungen haben wir im Raum C0(I,m) in Definition 6 aus §1 erklärt. Falls m=1 gilt, schreiben wir kurz Ck(I):=Ck(I,). Falls m=2 ist, setzen wir Ck(I,):=Ck(I,2) und verwenden im Bildraum die komplexe Multiplikation.

Auch hier prüft man sofort die Vektorraumeigenschaften mit Hilfe der Stetigkeitsaussagen aus §1 nach.

Wir wollen nun die Taylorsche Formel und die Taylorsche Reihe behandeln, die wir dem englischen Mathematiker B. Taylor verdanken. Mit der Taylorschen Formel können wir Ck-Funktionen durch Polynome (k1)-ten Grades so approximieren, dass die Abweichung kontrolliert werden kann. Wir wählen als Entwicklungspunkt x0 sowie den Konvergenzradius 0<r+ und wir betrachten im Intervall I:=(x0r,x0+r) die konvergente Potenzreihe

(2) f(x):=k=0ck(x0)(xx0)k,xI

mit den reellen Koeffizienten

ck(x0) für alle k0.

Gemäß Satz 15 aus §3 können wir nun diese Reihe beliebig oft differenzieren und der Konvergenzradius r bleibt dabei erhalten! Für die m-te Ableitung ermitteln wir

(3) f(m)(x)=k=m{k(k1)(km+1)}ck(x0)(xx0)k,xI,

wobei m=0,1,2, durchläuft. Wir setzen jetzt in (3) x=x0 ein und berechnen

(4) f(m)(x0)=m(m1)1cm(x0)=m!cm(x0),m0.

Somit sind die Koeffizienten der Potenzreihe durch

(5) cm(x0)=f(m)(x0)m!,m0

eindeutig bestimmt. Wir nennen letztere die Taylorkoeffizienten der Potenzreihe (2). Setzen wir sie in die Potenzreihe ein, so erhalten wir die Taylorreihe

(6) f(x)=k=0f(k)(x0)k!(xx0)k,xI.

Zu einem vorgegebenen Differenzierbarkeitsgrad n gehen wir jetzt von einer Funktion

(7) f=f(x):ICn(I)Cn1(I)

aus. Diese ist n-mal stetig differenzierbar in I:=(x0r,x0+r) mit stetig fortsetzbaren Ableitungen der Ordnungen 0,,n1 auf das kompakte Intervall I vom endlichen Radius 0<r<. Wir erklären das Taylorpolynom (n1)-ten Grades an der Stelle x0 mittels

(8) Tn(x,x0):=k=0n1f(k)(x0)k!(xx0)k,xI,

indem wir die Taylorreihe beim Term n-ter Ordnung abbrechen. Nun betrachten wir die Taylorsche Identität

(9) f(x)=Tn(x,x0)+Rn(x,x0),xI

mit dem Restglied n-ter Ordnung Rn(x,x0). Da dieses die Abweichung zwischen der Cn-Funktion f und dem Taylorpolynom (n1)-ten Grades misst, wollen wir es genauer bestimmen: Hierzu führen wir die Hilfsfunktion

(10) Φ(λ):=k=0n1f(k)(x+λ(x0x))k!(λ(xx0))k,0λ1

der Regularitätsklasse C1(I)C0(I) ein. Dann beachten wir die Randwerte

(11) Φ(1)=k=0n1f(k)(x0)k!(xx0)k=f(x)Rn(x,x0)

sowie

(12) Φ(0)=limλ0+Φ(λ)=f(x).

Die Hilfsfunktion (10) differenzieren wir wie folgt:

(13) Φ(λ)=k=0n1f(k+1)(x+λ(x0x))k!λk(xx0)k+1
+k=0n1f(k)(x+λ(x0x))(k1)!λk1(xx0)k
=f(n)(x+λ(x0x))(n1)!λn1(xx0)n

Ferner verwenden wir die Funktion

(14) Ψ(λ):=λn,0λ1 mit Ψ(1)=1,Ψ(0)=0 und Ψ(λ)=nλn1.

Wir ziehen jetzt den Mittelwertsatz der Differentialrechnung heran und mit Hilfe der Identitäten (11) – (14) ermitteln wir

(15) Rn(x,x0)=Φ(1)Φ(0)Ψ(1)Ψ(0)=Φ(θ)Ψ(θ)=f(n)(x+θ(x0x))n!(xx0)n

mit einem θ(0,1). Damit ist der folgende Satz bewiesen:

Satz 1 (Taylorsche Formel)

Die Funktion f aus (7) auf dem Intervall I vom Differenzierbarkeitsgrad n besitzt die Darstellung
f(x)=k=0n1f(k)(x0)k!(xx0)k+Rn(x,x0),xI.
Dabei ist im Lagrangeschen Restglied
Rn(x,x0):=f(n)(x+θ(x0x))n!(xx0)n
der Zwischenwert θ(0,1) – nach dem Mittelwertsatz – geeignet zu wählen.

Satz 2 (Taylorsche Reihe)

Genau dann ist die Funktion fC(I) im Punkt x0 in ihre taylorreihe (6) entwickelbar, wenn für alle xI das Langrangesche Restglied die beziehung
limnRn(x,x0)=0
erfüllt.

Beweis

Dieser folgt sofort aus Satz 1.

q.e.d.

Bemerkung

Wir werden in §1 des nächsten Kapitels eine C-Funktion kennen lernen, welche nicht in ihre Taylorreihe entwickelt werden kann.

Definition 4

Eine konvexe Funktion ist ein Element der Menge
C+(a,b):={f:(a,b)C2((a,b))|f(x)0 fu¨r alle x(a,b)}.

Satz 3

Für eine konvexe Funktion f:(a,b)C+(a,b) haben wir folgende Aussagen:
1. Die Ungleichung f(x)f(ξ)+f(ξ)(xξ) für alle x,ξ(a,b) ist erfüllt, d. h. f ist superlinear.
2. Es gilt die Jensensche Ungleichung
f(j=1mλjxj)j=1mλjf(xj)
für alle x1,,xm(a,b) und λ1,,λm0 mit j=1mλj=1.

Beweis

1. Auf die konvexe Funktion f wenden wir die Taylorsche Formel vom Differenzierbarkeitsgrad 2 mit dem Lagrangeschen Restglied an. Für alle x,ξ(a,b) finden wir ein θ(0,1), so dass die Ungleichung

(16) f(x)=f(ξ)+f(ξ)(xξ)+f(ξ+θ(xξ))2!(xξ)2f(ξ)+f(ξ)(xξ)

richtig ist, da nach Voraussetzung f(x)0 für alle x(a,b) gilt.

2. Wir wenden nun den ersten Teil auf ξ:=j=1mλjxj sowie x:=xj an und erhalten die Ungleichungen

(17) f(xj)f(ξ)+f(ξ)(xjξ) für j=1,,m.

Multiplikation mit λj und Summation liefert

(18) j=1mλjf(xj)f(ξ)j=1mλj+f(ξ)(j=1mλjxjξj=1mλj)
=f(ξ)+f(ξ)(ξξ)=f(ξ),

wenn wir j=1mλj=1 beachten.

q.e.d.

Definition 5

Eine konkave Funktion ist ein Element der Menge
C(a,b):={f:(a,b)C2((a,b))|f(x)0 fu¨r alle x(a,b)}.