Das Rechnen mit reellen und komplexen Zahlen (§1)

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Vorlage:QS-Antrag Ist verwaist. kein Kurs, kein Projekt, keine Relevanz --Heuerli 12:54, 10. Okt. 2007 (CEST)

Das Rechnen mit reellen und komplexen Zahlen (§1)

Definition 1

Ein System 𝕂 von Elementen heißt ein Körper genau dann, wenn es zu je zwei Elementen a,b𝕂 eine Summe a+b𝕂 und ein Produkt ab𝕂 derart gibt, dass die Körperaxiome (K1),(K2),(K3) gelten.
1. Axiome der Addition (K1)
a) Assoziativgesetz: Für alle a,b,c𝕂 gilt: (a+b)+c=a+(b+c).
b) Kommutativgesetz: Für alle a,b𝕂 gilt: a+b=b+a.
c) Existenz des additiv neutralen (Null-)Elements: Es existiert ein neutrales Element 0𝕂 derart, dass für alle a𝕂 die Bedingung a+0=a gilt.
d) Existenz des additiv inversen (negativen) Elements: Zu jedem x𝕂 gibt es ein inverses element y𝕂 mit x+y=0. Man schreibt y=:x.
2. Axiome der Multiplikation (K2)
a) Assoziativgesetz: Für alle a,b,c𝕂 gilt: (ab)c=a(bc).
b) Kommutativgesetz: Für alle a,b𝕂 gilt: ab=ba.
c) Existenz des multiplikativ neutralen (Eins-)elements: Es existiert ein neutrales Element 1𝕂 derart, dass für alle a𝕂 die Bedingung a1=a gilt.
d) Existenz des multiplikativ inversen (reziproken) Elements: Zu jedem x𝕂{0} gibt es ein inverses element y𝕂 mit xy=1. Man schreibt y=:x1.
3. Distributivgesetz (K3)
Für alle a,b,c𝕂 gilt: (a+b)c=ac+bc.

Satz 1

Aus den Körperaxiomen lassen sich weitere Eigenschaften der Elemente von 𝕂 folgern.
(1) Für beliebige a,b𝕂 ist die Gleichung a+x=b eindeutig lösbar.
(2) Für beliebige a𝕂{0} und b𝕂 ist die Gleichung ay=b eindeutig lösbar.
(3) Für alle x𝕂 gelten x0=0 und (1)x=x.
(4) Für alle x𝕂 gilt (x)=x
(5) Für alle x,y𝕂{0} gilt xy0.

Beweis von (1)

Nach (K1) existiert zu a𝕂 das inverse Element a𝕂. Wir addieren zur Gleichung a+x=b von links (a) und erhalten (a)+a+x=(a)+b bzw. nach (K1) 0+x=x=b+(a)=:ba, was die Eindeutigkeit der Lösung zeigt. Angenommen x=ba sei die eindeutig bestimmte Lösung der Gleichung a+x=b. Dann gilt nach (K1)

a+x=a+[b+(a)]=(a+b)+(a)=(b+a)+(a)=b+[a+(a)]=b+0=b.

Damit hat man die Existenz einer Lösung nachgewiesen.

q.e.d.

Beweis von (2)

Satz 4 (Ungleichung von Cauchy-Schwarz)

Wenn ak,bk für k=1,2,...,n gilt, dann folgt
(k=1nakbk)2(k=1nak2)(k=1nbk2).

Beweis

Wir betrachten die Funktion

tf(t)=k=1n(akt+bk)2.

Nach Definition ist klar, dass f(t)0 für alle t. Die Umformung

k=1n(akt+bk)2=t2k=1nak2+2tk=1nakbk+k=1nbk2=t2U+2tV+W

zeigt, dass f ein (höchstens) quadratisches Polynom ist. Es ist genau dann nichtnegativ, wenn seine Diskriminante

(2V)24UW=4(V2UW)

nichtpositiv ist, wenn also V2UW gilt. Das ist jedoch genau die behauptete Ungleichung.

q.e.d.

Beispiel 5

Für n0 definieren wir die Größe n Fakultät wie folgt:

0!:=1
1!:=1
2!:=21=2
...
n!:=k=1nk.

Weiter erklären wir für k,n0 den Binomialkoeffizienten

(23) (nk):=n!k!(nk)!=n(n1)...(nk+1)k!.

Wegen

(nk)+(nk1)=(23)n!k!(nk)!+n!(k1)!(nk+1)!
=n!k!(nk+1)![(nk+1)+k]=(n+1)!k![(n+1)k]!
=(n+1k)

gilt für alle k,n das Additionstheorem für die Binomialkoeffizienten:

(24) 1kn(nk)=(n1k1)+(n1k).

Satz 5 (Binomischer Lehrsatz)

Für alle n und a,b𝕂 gilt die Identität
(25) (a+b)n=k=0n(nk)akbnk.

Beweis

Sei b=0, so ist obige Gleichung wegen

(a+0)n=k=0n(nk)ak0nk=(nn)an00=an

offenbar erfüllt. Sei also b0. Wir multiplizieren (25) mit bn und erhalten

(a+b)nbn=[b(ab+1)]nbn=(ab+1)n
=bnk=0n(nk)akbnk=k=0n(nk)akbk=k=0n(nk)(ab)k.

Mit Hilfe der Substitution z:=ab𝕂 genügt es, die Aussage

(26) (z+1)n=k=0n(nk)zk

zu zeigen. Wir beweisen nun durch vollständige Induktion, dass (26) für alle n gilt. Die Aussage H(n) ist die Gleichung (26).

(IA) Für n0=1 und z𝕂 ergibt sich die wahre Aussage

(1+z)1=k=01(1k)zk=(10)z0+(11)z1=1+z.

(IS) Nach Induktionsvoraussetzung gilt (26) für ein beliebiges n. Dann folgt

(z+1)n+1=(z+1)(z+1)n=(IV)(z+1)[k=0n(nk)zk]
=(K3)k=0n(nk)zk+k=0n(nk)zk+1
=l:=k+1k=0n(nk)zk+l=1n(nl1)zl+(nn)zn+1
=(n0)z0+k=1n[(nk)+(nk1)]zk+(nn)zn+1
=(24)1+k=1n(nk)zk+(n+1n+1)zn+1=k=1n+1(n+1k)zk.

Damit ist Satz 5 nach dem Prinzip der vollständigen Induktion bewiesen.

q.e.d.

Beispiel 6 (Teleskopsummen)

Seien m,n mit m<n gegeben sowie die Zahlenfolge {bi} zu den Indices i=m,m+1,...,n+1. Wir betrachten jetzt die Zahlenfolge {ai} mit ai:=bi+1bi für min und berechnen

(27) i=mnai=i=mn(bi+1bi)=i=mnbi+1i=mnbi
=(bm+1+bm+2+...+bn+1)(bm+bm+1+bm+2+...+bn)=bn+1bm

Für bi:=i2 und m:=1 ergibt sich dann

ai=(i+1)2i2=2i+1 und i=1nai=i=1n(2i+1)=n+2(i=1ni).

Andererseits ist nach (27)

i=1n(2i+1)=(n+1)21=n2+2n,

woraus sich unmittelbar die Gauß-Formel

k=1nk=n2(n+1)

ergibt.