Kryptologie/Eulersche φ-Funktion

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Einleitung

Um den Entschlüsselungsexponenten d zum Verschlüsselungsexponenten e zu berechnen, betrachten wir beim RSA-Verschlüsselungsverfahren die Kongruenz ed1modφ(N). Diese können wir mit dem erweiterten euklidischen Algorithmus lösen und d als das multiplikative Inverse zu e berechnen[1]. Bevor wir dies jedoch können, müssen wir die eulersche φ-Funktion definieren.

Eulersche φ-Funktion

Definition Eulersche φ-Funktion

Teilerfremdheit
Teilerfremdheit
Zwei ganze Zahlen a und b, wobei mindestens einer der beiden Zahlen ungleich Null ist,

heißen teilerfremd, wenn ggT(a,b)=1[2]. Betrachten wir mehr als zwei Zahlen, dann

nennen wir diese paarweise teilerfremd, wenn je zwei beliebige von diesen Zahlen

zueinander teilerfremd sind[3][2].

Die eulersche φ-Funktion (ausgesprochen "eulersche Phi-Funktion") gibt für jede positive natürliche Zahl n an, wie viele zu n teilerfremde natürliche Zahlen es gibt, die nicht größer als n sind[4][5]. Formal bedeutet dies:

φ(n):=Gn[6][5] mit Gn:={a|1anggT(a,n)=1}[4][5].

Beispiel Eulersche φ-Funktion

Beispiel n=1

Die Zahl n=1 hat genau 1 teilerfremde natürliche Zahlen, die nicht größer als 1 ist, da ggT(1,1)=1.

Es gilt also φ(1)=G1=1.

Beispiel n=4

Die Zahl n=4 hat genau 2 teilerfremde natürliche Zahlen, die nicht größer als 4 sind, da ggT(1,4)=1, ggT(2,4)=2, ggT(3,4)=1 und ggT(4,4)=4.

Es gilt also φ(4)=G4=2.

Beispiel n=7

Die Zahl n=7 hat genau 6 teilerfremde natürliche Zahlen, die nicht größer als 7 sind, da ggT(1,7)=1, ggT(2,7)=1, ggT(3,7)=1, ggT(4,7)=1, ggT(5,7)=1, ggT(6,7)=1 und ggT(7,7)=7.

Es gilt also φ(7)=G7=6.

Eigenschaften Eulersche φ-Funktion

Für das RSA-Kryptosystem benötigen wir drei Eigenschaften der eulerschen φ-Funktion.

Satz 1 Eigenschaft der φ-Funktion bei Primzahlen

Sei p prim, dann gilt: φ(p)=p1[4][7].

Beweis Eigenschaft der φ(p)-Funktion bei Primzahlen

Primzahl, Menge Gn und Primfaktorzerlegung
Primzahl
Sei p mit p>1, dann heißt p Primzahl oder prime Zahl, wenn gilt:

p besitzt nur zwei Teiler in , nämlich 1 und p.

Andernfalls heißt p zusammengesetzte Zahl[8].

Menge Gn
Sei n, dann gilt Gn:={a|1anggT(a,n)=1}[4][5].
Primfaktorzerlegung
Sei n mit n>1, dann ist n als Produkt von Primzahlen darstellbar und wir nennen diese

Primfaktorzerlegung. Es gilt n=p1p2pimit i.

Die Darstellung ist, abgesehen von der Reihenfolge der Faktoren, eindeutig[9].

Voraussetzung

p ist prim

Zu zeigen

φ(p)=p1

Beweis

Wir betrachten die Menge Gp.

Wir wissen, dass nach Definition der Menge Gp

Gp:={a|1apggT(a,p)=1}.

Demnach ist 1ap und somit die Anzahl der Elementen in Gp höchstens p.

Um die Anzahl der Elemente genau zu bestimmen, untersuchen wir die möglichen Elemente der Menge in Hinblick auf die zweite Voraussetzung der Menge. Diese lautet ggT(a,p)=1.

Für a=1 gilt ggT(1,p)=1, da 11 und 1p und es keine weitere Zahl d gibt, für die gilt d1.

Für a=p gilt ggT(p,p)=p1 und da 1 nicht prim. Es folgt p∉Gn.

Für 1<a<p gilt ggT(a,p)=1, denn sonst wäre p keine Primzahl und hätte den Teiler a mit ap und 1<a<p.

Insgesamt gilt also Gp={1,2,...,p1} und Gp=φ(p)=p1[6][10]

Satz 2 Multiplikativität von φ für Primzahlen

Seien p und q prim und pq, dann gilt φ(pq)=φ(p)φ(q)[6][7].

Beweis Multiplikativität von φ für Primzahlen

Primzahl, Menge Gn, Primfaktorzerlegung und Teilerfremdheit
Primzahl
Sei p mit p>1, dann heißt p Primzahl oder prime Zahl, wenn gilt:

p besitzt nur zwei Teiler in , nämlich 1 und p.

Andernfalls heißt p zusammengesetzte Zahl[8].

Menge Gn
Sei n, dann gilt Gn:={a|1anggT(a,n)=1}[4][5].
Primfaktorzerlegung
Sei n mit n>1, dann ist n als Produkt von Primzahlen darstellbar und wir nennen diese

Primfaktorzerlegung. Es gilt n=p1p2pimit i.

Die Darstellung ist, abgesehen von der Reihenfolge der Faktoren, eindeutig[9].

Teilerfremdheit
Zwei ganze Zahlen a und b, wobei mindestens einer der beiden Zahlen ungleich Null ist,

heißen teilerfremd, wenn ggT(a,b)=1[2]. Betrachten wir mehr als zwei Zahlen, dann

nennen wir diese paarweise teilerfremd, wenn je zwei beliebige von diesen Zahlen

zueinander teilerfremd sind[3][2].

Voraussetzung

Seien p und q prim und pq

Zu zeigen

φ(pq)=φ(p)φ(q)

Beweis

Betrachten wir die Menge Gpq.

Wir wissen, dass nach der Definition der Menge Gpq giltGpq:={a|1apqggT(a,pq)=1}.

In Gpq können nur die Elemente 1,...,pq1,pq also pq Elemente enthalten sein. Es gilt |Gpq|pq.

Nun schließen wir aus dieser Menge Elemente aus, die nicht in Gpq enthalten sein können.

Es gilt pqGpq, da ggT(pq,pq)=pg1.

Wir definieren eine neue Menge Mpq mit den übrigen Elementen, also Mpq={1,2,,pq1} und |Mpq|=pq1.

Wir betrachten alle Zahlen, die nicht-teilerfremd zu pq sind.

1p,2p,...,(q1)p, also sind q1 Zahlen nicht-teilerfremde Zahlen zu p aus Mpq.

1q,2q,...,(p1)q, also sind p1 Zahlen nicht teilerfremde Zahlen zu q aus Mpq.

Da die Primfaktorzerlegung eindeutig ist, kommt keine Zahl doppelt vor.

Damit folgt für die Anzahl der Elemente in

|Gpq|

=|Mpq|(q1)(p1)

=pq1(q1)(p1), da |Mpq|=pq1

=pq1q+1p+1

=pqqp+1

=q(p1)p+1

=q(p1)(p1)

=(p1)(q1)[6][7]

Beispiel

Wir wählen die Primzahlen p=11 und q=13 aus dem Beispiel der Schlüsselerzeugung.

Somit ist N=1113=143.

φ(143)=φ(1113)=(111)(131)=1012=120.

Satz 3 Eigenschaft der φ-Funktion bei Primzahlen

Primzahl, Menge Gn und Teilerfremdheit
Primzahl
Sei p mit p>1, dann heißt p Primzahl oder prime Zahl, wenn gilt:

p besitzt nur zwei Teiler in , nämlich 1 und p.

Andernfalls heißt p zusammengesetzte Zahl[8].

Menge Gn
Sei n, dann gilt Gn:={a|1anggT(a,n)=1}[4][5].
Teilerfremdheit
Zwei ganze Zahlen a und b, wobei mindestens einer der beiden Zahlen ungleich Null ist,

heißen teilerfremd, wenn ggT(a,b)=1[2]. Betrachten wir mehr als zwei Zahlen, dann

nennen wir diese paarweise teilerfremd, wenn je zwei beliebige von diesen Zahlen

zueinander teilerfremd sind[3][2].

Seien p prim und k mit k>0, dann gilt:

φ(pk)=pk(11p)[4][7].

Beweis Satz 3

Voraussetzung

Seien p prim und k mit k>0

Zu zeigen

φ(pk)=pk(11p)

Beweis

Betrachten wir die Zahlen 1,2,,pk.

Nach Definition der Menge Gpk sind genau die Zahlen 1xpk, für die gilt ggT(x,pk)=1 Elemente der Menge Gpk.

Wir können nun also alle Zahlen 1xpk bestimmen, für die dies nicht zutrifft und deren Anzahl von der Mächtigkeit von {1,2,,pk} abziehen.

Da pk ein um k Vielfaches der Primzahl p ist, hat pk genau pk1 nicht zu pk teilerfremde Zahlen x mit 1xpk.

Diese sind nämlich: p,2p,,ppk1.

Es gilt also
φ(pk)

=pkpk1

=pk1(p1)

=pk(11p)[7]

Lernaufgabe

Aufgabe

Beweisen Sie die Folgerung aus Satz 1.

Folgerung

Für N=pq mit p,q prim folgt φ(N)=(p1)(q1)[11].

Lösung
Voraussetzungen

N=pq.

Zu zeigen

φ(N)=(p1)(q1)

Beweis

φ(N)

=φ(pq), nach Voraussetzung,

=φ(p)φ(q), aufgrund der Multiplikativität von φ

=(p1)(q1), Eigenschaft der φ(p)-Funktion bei Primzahlen[7]

Lernempfehlung

Kursübersicht
Übergeordnete Lerneinheit
7.1: Schlüsselerzeugung des RSA-Verschlüsselungsverfahrens
Vorherige Lerneinheit Aktuelle Lerneinheit Empfohlene Lerneinheit
7.1.5: Erweiterter euklidischer Algorithmus 7.1.6: Eulersche φ-Funktion 7.1: Schlüsselerzeugung des RSA-Verschlüsselungsverfahrens

Literatur

  1. Rivest, R. L., Shamir, A., & Adleman, L. (1978). A method for obtaining digital signatures and public-key cryptosystems. Communications of the ACM, 21(2) (S. 120–126). S. 122f.
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 Burton, D. M., & Dalkowski, H. (2005). Handbuch der elementaren Zahlentheorie mit über 1000 Übungsaufgaben und ihren Lösungen. Heldermann Verlag. S. 26.
  3. 3,0 3,1 3,2 Seite „Teilerfremdheit“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 26. September 2019, 13:33 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Teilerfremdheit&oldid=192615323 (Abgerufen: 10. Januar 2020, 13:56 UTC; Formulierung verändert)
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 4,4 4,5 4,6 Seite „Eulersche Phi-Funktion“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 24. August 2019, 16:52 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Eulersche_Phi-Funktion&oldid=191644019 (Abgerufen: 7. Januar 2020, 09:45 UTC; Formulierung verändert)
  5. 5,0 5,1 5,2 5,3 5,4 5,5 Stroth, G., & Waldecker, R. (2019). Elementare Algebra und Zahlentheorie (2. Aufl.). Birkhäuser Basel. S. 77.
  6. 6,0 6,1 6,2 6,3 Kryptologie - Mathematische Vertiefung (PH Freiburg SS 2017). (5. Dezember 2019). Wikiversity, . Abgerufen am 8. Januar 2020, 12:14 von https://de.wikiversity.org/w/index.php?title=Kryptologie_-_Mathematische_Vertiefung_(PH_Freiburg_SS_2017)&oldid=605650. (Formulierung verändert)
  7. 7,0 7,1 7,2 7,3 7,4 7,5 Wätjen, D. (2018). Kryptographie: Grundlagen, Algorithmen, Protokolle. Springer-Verlag. S. 42.
  8. 8,0 8,1 8,2 Burton, D. M., & Dalkowski, H. (2005). Handbuch der elementaren Zahlentheorie mit über 1000 Übungsaufgaben und ihren Lösungen. Lemgo: Heldermann Verlag. S. 47.
  9. 9,0 9,1 Ziegenbalg, J. (2015). Elementare Zahlentheorie: Beispiele, Geschichte, Algorithmen (2., überarb. Aufl). Springer Spektrum. S. 66.
  10. Burton, D. M., & Dalkowski, H. (2005). Handbuch der elementaren Zahlentheorie mit über 1000 Übungsaufgaben und ihren Lösungen. Lemgo: Heldermann Verlag. S. 145.
  11. Rivest, R. L., Shamir, A., & Adleman, L. (1978). A method for obtaining digital signatures and public-key cryptosystems. Communications of the ACM, 21(2) (S. 120–126). S. 123.