Kryptologie/Satz von Euler

Aus testwiki
Version vom 8. März 2020, 11:34 Uhr von imported>Philip Holtappel (Veränderung von OER-Materialien gekennzeichnet)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen


Einleitung

Der Satz von Euler ist eine Verallgemeinerung des kleinen Satzes von Fermat. Während der kleine Satz von Fermat nur für Primzahlen gilt, kann der Satz von Euler auf beliebige natürliche Zahlen n angewendet werden, die teilerfremd zur Basis a sind[1]. Der Satz von Euler ist der zentrale Satz zum Beweis der Korrektheit des RSA-Kryptosystems[2]. Außerdem werden wir ihn nutzen, um einen weiteren Satz für die Korrektheit des RSA-Kryptosystems zu zeigen, nämlich dem chinesischen Restsatz.

Satz von Euler

Größte gemeinsame Teiler, (Satz 1) Eulersche φ-Funktion

und kleine Satz von Fermat

Größte gemeinsame Teiler
Seien a,b, wobei mindestens eine der beiden Zahlen ungleich Null.

Wir bezeichnen d:=ggT(a,b) mit d als den größten gemeinsamen

Teiler der Zahlen a und b, falls gilt:

(1): da und db

und

(2): Für alle c mit ca und cbcd[3].

Eulersche φ-Funktion
Für die eulersche φ-Funktion gilt: φ(n):=Gn[4][5] mit

Gn:={a|1anggT(a,n)=1}[6][5].

Satz 1 Eigenschaft der φ-Funktion bei Primzahlen
Sei p prim, dann gilt: φ(p)=p1[6][7].
Kleiner Satz von Fermat
Für jede Primzahl p und jede dazu teilerfremde natürliche Zahl a ist

folgende Kongruenz erfüllt: ap11modp[8][9].

Seien a,n und ggT(a,n)=1, dann gilt aφ(n)1modn[1][10].

Bemerkung: Für prime Moduli p gilt nach Satz 1 Eigenschaft der Eulerschen φ-Funktion bei Primzahlen φ(p)=p1, also geht für diese der Satz von Euler in den kleinen Satz von Fermat über[1].

Beweis Satz von Euler

Teil 1

Wir zeigen zunächst die Aussage: wenn p prim, dann gilt pa mittels vollständiger Induktion nach k.

Bemerkung: Bei der vollständigen Induktion wird eine Aussage in der Regel für alle natürlichen Zahlen bewiesen. Dabei beginnt man bei einem Startwert (meist 0 oder 1) und zeigt, dass die Aussage für diesen Startwert gilt. Man nennt dies den Induktionsanfang. Anschließend wird während des Induktionsschritts gezeigt, dass wenn die Aussage für eine Zahl gilt, dann gilt sie auch für die nächstgrößere Zahl[11][12].

Seien p prim und pa, dann soll gelten

aφ(pk)1modpk für k+.

Eulersche φ-Funktion, Kongruenz, wichtige Sätze

und der Binomialkoeffizient

Eulersche φ-Funktion
Für die eulersche φ-Funktion gilt: φ(n):=Gn[4][5] mit

Gn:={a|1anggT(a,n)=1}[6][5].

Kongruenz
Seien a,b und m, dann gilt abmodmm(ab)[13].
Satz 1 Eigenschaft der φ-Funktion bei Primzahlen
Sei p prim, dann gilt: φ(p)=p1[6][7].
Kleiner Satz von Fermat
Für jede Primzahl p und jede dazu teilerfremde natürliche Zahl a ist

folgende Kongruenz erfüllt: ap11modp[8][9].

Satz 3 Eigenschaft der φ-Funktion bei Primzahlen
Seien p prim und k mit k>0, dann gilt: φ(pk)=pk(11p)[6][7].
Binomischer Lehrsatz[14]
Für alle Elemente x und y eines kommutativen monoiden Rings und für

alle natürlichen Zahlen n gilt die Gleichung

(x+y)n=k=0n(nk)xnkyk(1).[14][15]

Binomialkoeffizient[14]
Seien n,k, dann gilt:

(nk)=n(n1)(nk+1)12k=n!(nk)!k![14][16]

Wir zeigen nun durch vollständige Induktion, dass die Kongruenz aφ(pk)1modpk korrekt ist.

Induktionsanfang

Wir beginnen mit k=1.

aφ(pk)1modpk

aφ(p)1modp, für k=1

ap11modp, nach Satz 1 der Eigenschaft für φ-Funktionen p1=φ(p)

Dies ist genau der kleine Satz von Fermat, welchen wir bereits bewiesen haben.

Induktionsvoraussetzung

Wir nehmen an, dass aφ(pk)1modpk für ein festes k mit k>0 gilt.

Induktionsbehauptung

Wir wollen zeigen, dass aφ(pk+1)1modpk+1 gilt.

Induktionsschritt

Nach der Kongruenz gilt folgende Äquivalenz der Induktionsvoraussetzung:

aφ(pk)1modpkaφ(pk)=xpk+1 mit x und Satz 3 der eulerschen φ-Funktion gilt φ(pk)=pk(11p).

Für pk+1 folgt unter erneuter Verwendung von Satz 3 der eulerschen φ-Funktion

φ(pk+1)=pk+1(11p)=pφ(pk).

Wir können aφ(pk+1) nun umschreiben:

aφ(pk+1)

=apφ(pk), da φ(pk+1)=pφ(pk)

=aφ(pk)p

=(1+xpk)p, nach aφ(pk+1)=xpk+1

Nun kann man den binomischen Lehrsatz anwenden, da es sich bei dem Restklassenring (/m,,) um einen kommutativen Ring handelt, wobei (/m,) ein Monoid ist (siehe Lernaufgabe).

Also

(1+xpk)p=1+(p1)(xpk)+(p2)(xpk)2++(pp1)(xpk)p1+(qpk)p

Betrachten wir nun die Summen

(p2)(xpk)2++(pp1)(xpk)p1+(qpk)p, (p1)(xpk) und 1 getrennt voneinander.

Es gilt

(p2)(xpk)2++(pp1)(xpk)p1+(qpk)p0modpk+1, da jeder der Summanden aus einem Faktoren (xpk)i mit i{2,3,...p} und einem Binomialkoeffizienten besteht und der Faktor (xpk)i immer von pk+1 teilbar ist und lediglich mit einer natürlichen Zahl (dem zugehörigen Binomialkoeffizienten) multipliziert wird.

Wir müssen nun also nur noch die beiden Summanden (p1)(xpk) und 1 betrachten.

Da (p1)=(p!(p1)!1!)=p, ist (p1)(xpk)=xpk+1 .

Es gilt: pk+1qpk+1.

Wir wissen nun also, dass

(p1)(xpk)+(p2)(xpk)2++(pp1)(xpk)p1+(qpk)p0modpk+1

und nach hinzufügen des Summanden 1:

1+(p1)(xpk)+(p2)(xpk)2++(pp1)(xpk)p1+(qpk)p1modpk+1.

Wir haben also gezeigt, dass gilt:

aφ(pk+1)1modpk+1

und die vollständige Induktion ist abgeschlossen.

Primfaktorzerlegung, Teilerfremdheit, (Multiplikativität für Primzahlen der)

Eulersche φ-Funktion und Folgerung aus Lemma 4 des ggT

Primfaktorzerlegung
Sei n mit n>1, dann ist n als Produkt von Primzahlen darstellbar und wir nennen diese

Primfaktorzerlegung. Es gilt n=p1p2pimit i.

Die Darstellung ist, abgesehen von der Reihenfolge der Faktoren, eindeutig[17].

Teilerfremdheit
Zwei ganze Zahlen a und b, wobei mindestens einer der beiden Zahlen ungleich Null ist,

heißen teilerfremd, wenn ggT(a,b)=1[18]. Betrachten wir mehr als zwei Zahlen, dann

nennen wir diese paarweise teilerfremd, wenn je zwei beliebige von diesen Zahlen zueinander

teilerfremd sind[19][18].

Eulersche φ-Funktion
Für die eulersche φ-Funktion gilt: φ(n):=Gn[4][5] mit

Gn:={a|1anggT(a,n)=1}[6][5].

Multiplikativität der eulerschen φ-Funktion für Primzahlen
Seien p und q prim und pq, dann gilt φ(pq)=φ(p)φ(q)[4][7].
Folgerung aus Lemma 4 des ggT
Gilt ac und bc mit ggT(a,b)=1, dann folgt abc[20].

Teil 2

Nun wählen wir eine Zahl nN mit ggT(a,n)=1 und folgender Primfaktorzerlegung:

n=p1k1p2k2...psks.

Da a und n teilerfremd sind, kann auch keiner der Primfaktoren pj mit j{1,2,,s} ein Teiler von a sein.

Wir erhalten die Kongruenz:

aφ(pjkj)1modpjkj mit j{1,2,,s}.

Nun nutzen wir die Multiplikativität der eulerschen φ-Funktion:

φ(n)=φ(p1k1)φ(p2k2)...φ(psks), also ist jeder Faktor φ(pjkj) ein Teiler von φ(n).

Daher gilt nicht nur aφ(pjkj)1modpjkj, sondern auch

aφ(n)1modpjkj mit j{1,2,,s}.

Da die Primfaktorpotenzen pjkj paarweise teilerfremd sind, gilt nach der Folgerung aus Lemma 4 des ggT :

aφ(n)1modp1k1p2k2psks,

und da

n=p1k1p2k2...psks

die Primfaktorzerlegung von n ist, gilt

aφ(n)1modn.

Wir haben somit den Satz von Euler bewiesen■[21]

Lernempfehlung

Kursübersicht
Übergeordnete Lerneinheit
8: Korrektheit des RSA-Verschlüsselungsverfahrens
Vorherige Lerneinheit Aktuelle Lerneinheit Empfohlene Lerneinheit
8: Korrektheit des RSA-Verschlüsselungsverfahrens 8.1: Satz von Euler 8.2: Chinesischer Restsatz

Literatur

  1. 1,0 1,1 1,2 „Satz von Euler“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 27. März 2019, 10:16 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Satz_von_Euler&oldid=186980132 (Abgerufen: 25. November 2019, 10:25 UTC; Formulierung verändert)
  2. Rivest, R. L., Shamir, A., & Adleman, L. (1978). A method for obtaining digital signatures and public-key cryptosystems. Communications of the ACM, 21(2) (S. 120–126). S. 123.
  3. Burton, D. M., & Dalkowski, H. (2005). Handbuch der elementaren Zahlentheorie mit über 1000 Übungsaufgaben und ihren Lösungen. Lemgo: Heldermann Verlag. S. 24.
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 Kryptologie - Mathematische Vertiefung (PH Freiburg SS 2017). (5. Dezember 2019). Wikiversity, . Abgerufen am 8. Januar 2020, 12:14 von https://de.wikiversity.org/w/index.php?title=Kryptologie_-_Mathematische_Vertiefung_(PH_Freiburg_SS_2017)&oldid=605650. (Formulierung verändert)
  5. 5,0 5,1 5,2 5,3 5,4 5,5 Stroth, G., & Waldecker, R. (2019). Elementare Algebra und Zahlentheorie (2. Aufl.). Birkhäuser Basel. S. 77.
  6. 6,0 6,1 6,2 6,3 6,4 6,5 Seite „Eulersche Phi-Funktion“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 24. August 2019, 16:52 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Eulersche_Phi-Funktion&oldid=191644019 (Abgerufen: 7. Januar 2020, 09:45 UTC; Formulierung verändert)
  7. 7,0 7,1 7,2 7,3 Wätjen, D. (2018). Kryptographie: Grundlagen, Algorithmen, Protokolle. Springer-Verlag. S. 42.
  8. 8,0 8,1 Seite „Fermatscher Primzahltest“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 7. März 2017, 21:10 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Fermatscher_Primzahltest&oldid=163373890 (Abgerufen: 23. Dezember 2019, 11:46 UTC; Formulierung verändert)
  9. 9,0 9,1 Oswald, N., & Steuding, J. (2015). Elementare Zahlentheorie: Ein sanfter Einstieg in die höhere Mathematik. Springer Spektrum. S. 129.
  10. Euler, L. (1763). Theoremata arithmetica nova methodo demonstrata. 8 (S. 74–104). S. 102.
  11. Seite „Vollständige Induktion“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 20. Dezember 2019, 06:00 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Vollst%C3%A4ndige_Induktion&oldid=195068438 (Abgerufen: 12. Januar 2020, 09:16 UTC; Formulierung verändert)
  12. Schäfer, W., Georgi, K., & Trippler, G. (1999). Mathematik-Vorkurs—Übungs- und Arbeitsbuch für Studienanfänger. Vieweg+Teubner. S. 102.
  13. Buchmann, J. (2016). Einführung in die Kryptographie (6. Aufl.). Berlin, Heidelberg: Springer. S. 37.
  14. 14,0 14,1 14,2 14,3 Seite „Binomischer Lehrsatz“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 28. Dezember 2019, 11:23 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Binomischer_Lehrsatz&oldid=195279006 (Abgerufen: 10. Januar 2020, 14:31 UTC; Formulierung verändert)
  15. Reiss, K., & Schmieder, G. (2014). Basiswissen Zahlentheorie: Eine Einführung in Zahlen und Zahlbereiche (3. Aufl.). Springer Spektrum. S. 44.
  16. Witt, K.-U. (2001). Binomialkoeffizienten. In K.-U. Witt (Hrsg.), Algebraische Grundlagen der Informatik: Zahlen—Strukturen—Codierung—Verschlüsselung (S. 145–148). Vieweg+Teubner Verlag. S. 145.
  17. Ziegenbalg, J. (2015). Elementare Zahlentheorie: Beispiele, Geschichte, Algorithmen (2., überarb. Aufl). Springer Spektrum. S. 66.
  18. 18,0 18,1 Burton, D. M., & Dalkowski, H. (2005). Handbuch der elementaren Zahlentheorie mit über 1000 Übungsaufgaben und ihren Lösungen. Heldermann Verlag. S. 26.
  19. Seite „Teilerfremdheit“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 26. September 2019, 13:33 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Teilerfremdheit&oldid=192615323 (Abgerufen: 10. Januar 2020, 13:56 UTC)
  20. Burton, D. M., & Dalkowski, H. (2005). Handbuch der elementaren Zahlentheorie mit über 1000 Übungsaufgaben und ihren Lösungen. Lemgo: Heldermann Verlag. 27.
  21. Burton, D. M., & Dalkowski, H. (2005). Handbuch der elementaren Zahlentheorie mit über 1000 Übungsaufgaben und ihren Lösungen. Heldermann Verlag, S. 153f.