Kurs:Mathematik fuer Anwender/Eigenwerte und Eigenvektoren

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Eigenwerte und Eigenvektoren

Wir untersuchen die Abundanz einer Art in zwei verschiedenen (miteinander vernetzten) Biotopen.

Ein Vektor v=(ab) soll beschreiben, dass im ersten Biotop a Individuen und im zweite Biotop b Individuen vorkommen.
In jedem Jahr wandern x% der Individuen vom ersten Biotop ins zweite Biotop und y% der Individuen vom zweiten Biotop ins erste.
So kann die Wanderung der Individuen durch die lineare Abbildung, die durch die Matrix (1x100y100x1001y100) definiert wird, dargestellt werden.

Kann sich ein “Gleichgewicht” zwischen den Biotopen einstellen? Gibt es also eine bestimmte Aufteilung v0=(a0b0) zwischen den beiden Biotopen, die im folgenden Jahr, und damit für immer, konstant bleibt?

Diese Fragestellung kann durch die Untersuchung von sogenannten Eigenwerten und Eigenvektoren beantwortet werden.

Definition: Eigenwert und Eigenvektor

Es sei fA:nn eine lineare Abbildung und A die zugehörige Matrix. Ist vn nicht der Nullvektor und λ derart, dass fA(v)=Av=λv gilt, so heißt v Eigenvektor und λ Eigenwert der linearen Abbildung fA oder der Matrix A.

Bemerkung: Eigenwert und Eigenvektor

Das heißt also, dass v ein Vektor ist, der auf ein geeignetes Vielfaches (dieses geeignete Vielfache ist der Eigenwert λ) von sich selbst abgebildet wird. Den Nullvektor schließen wir als Eigenvektor aus, da er unter einer linearen Abbildung stets auf sich selbst abgebildet wird, also ein Eigenvektor zu jeder reellen Zahl wäre. Damit wäre jede reelle Zahl ein Eigenwert und wir hätten nichts Tolles definiert.

In unserem obigen Beispiel suchen wir einen Eigenvektor zum Eigenwert 1 der Matrix (1x100y100x1001y100).

Es gibt noch viele weitere Anwendungsmöglichkeiten, in denen Eigenwerte eine Rolle spielen.

Bei Wikipedia werden folgende praktische Beispiele aufgelistet:

http://de.wikipedia.org/wiki/Eigenwertproblem

Aber wie können wir Eigenwerte oder Eigenvektoren bestimmen?

Definition: Charakteristisches Polynom

Es sei fA:nn eine lineare Abbildung und A die zugehörige Matrix.
Wir nennen das Polynom pA(x)=pfA(x):=det(xEnA) das charakteristische Polynom von A bzw. von fA.
Erinnerung: En ist die n×n-Einheitsmatrix.

Satz: Charakteristisches Polynom und Eigenwert

Es sei fA:nn eine lineare Abbildung und A die zugehörige Matrix.

Genau dann ist λ ein Eigenwert, wenn λ Nullstelle vom charakteristischen Polynom pA ist.

Haben wir durch dieses Verfahren einen Eigenwert gefunden, so brauchen wir “nur noch” ein lineares Gleichungssystem lösen.

Satz: Bestimmung der Eigenvektoren

Es sei fA:nn eine lineare Abbildung und A die zugehörige Matrix. Ferner sei λ ein Eigenwert von A.
Genau dann ist v0n ein Eigenvektor von A zum Eigenwert λ, wenn v eine Lösung des linearen Gleichungssystems (λEnA)x=0n ist.

Beweis: Eigenvektoren und Lösung des LGS

Es gilt für alle vn mit v0n:

v ist Eigenvektor zum Eigenwert λ Av=λvλvAv=0nλ(Env)Av=0n(λEnA)v=0n

v0n ist Lösung des linearen Gleichungssystems (λEnA)x=(00).

Verfahren zum Bestimmen von Eigenwerten und Eigenvektoren

Es sei fA:nn eine lineare Abbildung und A die zugehörige Matrix.

Wir suchen sowohl die Eigenwerte als auch passende Eigenvektoren der Matrix A.

  • Zuerst bestimmen wir pA=det(xEnA).
  • Dann berechnen wir die Eigenwerte, in dem wir die Nullstellen des Polynoms pA bestimmen.
  • Für jeden Eigenwert λ lösen wir das lineare Gleichungssystem (λEnA)x=(00) Die Lösungsmenge (ohne den Nullvektor) entspricht der Menge der Eigenvektoren von A zum Eigenwert λ.


Achtung!
Wir betrachten die lineare Abbildung fA:22 mit Matrix A=(0110). Das ist die Drehung um den Winkel π2, die wir schon zuvor betrachtet haben. Gibt es einen Vektor, der bei dieser Drehung auf ein Vielfaches von sich abgebildet wird? Offenbar nur der Nullvektor, der aber als Eigenvektor ausgeschlossen wurde. Damit gibt es keinen Eigenvektor und damit auch keinen (reellen) Eigenwert. Was sagt das obige Verfahren zu diesem Problem?
Das charakteristische Polynom ist pA(x)=det(xE2A)=det(x0+11x0)=x2+1 und hat keine reellen Nullstellen. Also stimmt das Verfahren mit der geometrischen Anschauung überein und wir halten fest: Nicht jede lineare Abbildung hat auch Eigenwerte. Zumindest nicht in !