Kurs:Topologische Invertierbarkeitskriterien/Kleine Potenzen

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Einführung

In die Lernmodul werden Elemente mit kleinen Potenzen 𝒦𝒫 und topologisch kleine Potenzen behandelt. Elemente, die kleine Potenzen besitzen sind ein Spezialfall von Elementen mit topologisch kleinen Potenzen. Beide Klassen von Elementen sind permanent singulär. Topologisch Nullteiler stellenn ebenfalls ein Spezialfall von Elementen mit topologisch kleinen Potenzen dar.

Geschichte

Die folgenden Sätze basieren auf den Ergebnissen von Zelazko (siehe "On permanent radicals in commutative locally convex algebras"[1]). Im englischen Original dienen diese Aussagen, angewandt auf lokalkonvexe Räume, dazu, dass permanente Radikale als die Menge der Elemente mit kleinen Potenzen charakterisiert werden können. Dabei ist ein permanentes Radikal einer Algebra A𝒦e die Menge der Elemente, die auch im Radikal jeder 𝒦Erweiterung B von A liegen.

Definition: Kleine Potenzen

Sei A eine topologische Algebra über 𝕂. Ein Element zA besitzt kleine Potenzen (Bezeichnung: z𝒦𝒫(A)), falls gilt:

U𝔘(0)n(U)λ𝕂:λzn(U)U.


Beipiel - Algebra mit kleinen Potenzen

Sei A:=[t] die Algebra von beliebigen Potenzreihen (nicht notwendig absolut konvergent) mit Koeffizienten in und den Halbnormen

pm:=k=0m|pk| mit p(t)=k=0pktk

Vollständigkeit

Die Algebra der Potenzreihen A ist eine vollständig metrisierbare kommuntative 𝒞-Algebra (d.h. multiplikativ lokalkonvex). Eine Cauchy-Folge von Potenzreihe (p(n))n in A mit

p(n)(t)=k=0pk(n)tk und pk(n)

liefert zugleich auch komponentenweise für alle k0 Cauchy-Folgen (p(n))n in .

Komponentenweise Cauchy-Folgen

Da sind die Komponentenfolgen (p(n))n konvergent gegen ein pk. Die Potenzreihe

p(t)=k=0pktk und limnpk(n)=pk

ist der Grenzwert ("Grenzpotenzreihe") der Cauchy-Folge (p(n))n

Topologische Nullteiler

A besitzt mit Ausnahme von 0 keine topologischen Nullteiler. Außerdem besitzt jedes singuläre Element (singuläre Elemente sind hier Potenzreihen mit po=0) kleine Potenzen, also insbesondere für rA mit r(t)=t, denn für n>m gilt: rnm=0.

Invertierbare Potenzreihen

Sei p(t):=k=0pktk eine Potenzreihe mit Koeffizienten in der reellen Zahlen und mit po=0. So kann man die inverse formale Potenzreihe qA induktiv definieren. Sei qo:=1po und die ersten n Koeffizienten der Potenzreihe q(t) seien bekannt, dann setzt man

qn+1:=1pok=1n+1pkqn+1k.

Durch Ausmultiplizieren des Cauchyproduktes von p(t) und q(t) erhält man p(t)q(t)=q(t)p(t)=1.

Bemerkung

Wenn die formale Potenzreihe q[t] invers zu p ist, dann gilt:

pq=e

mit e(t):=n=0entn=1t0+n=1entn.

Aufgabe 1 - Inverse Potenzreihen

Zeigen Sie, dass eine Potenzreihe p[t] mit po=0 bezüglich des Cauchyproduktes invertierbar ist! Zeigen Sie dazu, dass mit pq=e

  • (1) p0q0=1=e0
  • (2) k=0npkqnk=0=en für n>0

folgt, dass die Koeffizienten die folgende Gestalt haben:

q0:=1p0 und qn:=1pok=1npkqnk für n>0.

Aufgabe 2 - Elemente mit kleine Potenzen

Das Polynom r[t] mit r(t)=1t1=t besitzt zwar kleine Potenzen in der Partialsummentopologie, aber r[t] ist aber kein topologischer Nullteiler in A.

Potenzreihenalgbren - Kleine Potenzen

Sei A:=[t] die Algebra von beliebigen Potenzreihen und das Polynom rA mit r(t)=t gegeben. Auf A ist das oben definierte Halbnormensystem mit

pm:=k=0m|pk| mit p(t)=k=0pktk

Dann gilt:

  • Das Polynom r besitzt kleine Potenzen.
  • r ist kein topologischer Nullteiler.

Beweis

Zunächst wird gezeigt, dass rA kleine Potenzen besitzt.

Beweis 1 - Kleine Potenzen

Für alle n gilt rn+1n=0 mit rn+1(t)=tn+1. Also gilt r𝒦𝒫(A).

Beweis 2 - Topologische Nullteiler

Angenommen t wäre ein topologischer Nullteiler in A, dann gibt es ein m, so dass

infqm=1q(t)tn=0

für alle n erfüllt ist.

Beweis 3 - Topologische Nullteiler - Widerspruch

Das ist aber nicht möglich, denn es gilt für alle qA mit qm=1 die Bedingung:

1=q(t)m=k=0m|qk| mit q(t):=k=0qktk=k=1m+1|qk1|=qrm+1 mit qr(t):=k=1qk1tkinfqm=1qrm+1=1

Beweis 4 - Topologische Nullteiler - Widerspruch

Darüber erhält man den Widerspruch r𝒯𝒩𝒯(A) mit r(t)=t.

Bemerkung: Banachalgebren

In einer Banachalgebra oder auch lokalbeschränkten Algebren entspricht die Menge 𝒦𝒫(A) genau der Menge aller nilpotenten Elemente von A, denn mit zn=0 folgt auch zn=0.

Lemma: Produkte - kleine Potenzen

Sei A𝒯(𝕂) eine topologische Algebra über 𝕂, dann besitzt zA genau dann kleine Potenzen (z𝒦𝒫(A)), falls gilt:

U𝔘𝒯(0A)n(U):Azn(U)U.

Beweis

Die Äquivalenzaussage gliedert sich in zwei Teile:

  • (Beweisteil 1) Voraussetzung ist die Eigenschaft, dass z𝒦𝒫(A) und man zeigt die Eigenschaft Azn(U)U für Nullumgebungen,
  • (Beweisteil 2) Voraussetzung ist die Eigenschaft, dass Azn(U)U für Nullumgebungen und man zeigt, dass z𝒦𝒫(A) gilt

Beweisteil 1

Mit der Stetigkeit der Multiplikation gibt es für jede Nullumgebung U𝔘𝒯(0A) ein V𝔘𝒯(0A) mit V2U. Nach der Definition von 𝒦𝒫(A) gilt

n(V)λ𝕂:λzn(V)V.

Anwendung - Nullumgebungen absorbierend

Da V als Nullumgebung absorbierend ist, gibt es für alle aA ein λa𝕂+ mit λaaV. Damit gilt

azn(V)=λaaV1λazn(V)VV2U.

Exponent für z

Mit n(U):=n(V) ergibt sich die erste Richtung des Beweises (Beweisteil 1).

Beweisteil 2

Für die umgekehrte Beweisrichtung hat man als Voraussetzung die Eigenschaft, dass Azn(U)U für Nullumgebungen U erfüllt ist. Man muss nun zeigen, dass z𝒦𝒫(A) gilt.

Wahl des Exponenten

Für den Exponenten von z zu einer beliebigen Nullumgebung U𝔘𝒯(0A) setzt man den gesuchten Exponenten n:=n(U)+1, wobei n(U) der Exponent für die Voraussetzung Azn(U)U der Umkehrung ist.

Teilmengenbeziehung

Man erhält für ein beliebiges λ𝕂 folgende Teilmengenbeziehung:

λzn=zn(U)+1=λzzn(U)(𝕂z)Azn(U)Azn(U)U.

Insgesamt folgt mit Beweisteil 1 die Äquivalenz

Lemma: Kleine Potenzen - Gaugefunktionale

Sei (A,𝒜)𝒯(𝕂) eine topologische Algebra über 𝕂, dann besitzt zA genau dann kleine Potenzen (z𝒦𝒫(A)), falls gilt:

α𝒜n(α):zn(α)α=0.

Bemerkung: kleine Potenzen und Gaugefunktionale

Mit dem Topologisierungslemma für Algebren wurde der Zusammenhang von stetigen Operationen auf der Algebra und den Eigenschaften von Gaugefunktionalen hergestellt. Diesen Zusammenhang verwendet man in natürlicher Weise in der Analysis mit dem Betrag und bei normierten Vektorräumen. Durch Gaugefunktionale kann man analog die topologischen Eigenschaften äquivalent ausdrücken. Dieses Vorgehen wird im Lemma oben auf Elemente mit kleinen Potenzen übertragen.

Aufgabe für Studierende

Beweisen Sie das Lemma über kleine Potenzen und Gaugefunktionale unter Verwendung der Definition und Eigenschaft von Minkowski-Funktionalen für absorbierende Nullumgebungen.

KP-Lemma: höhere Potenzen

Sei A𝒯(𝕂), dann besitzt zA genau dann kleine Potenzen (z𝒦𝒫(A)), falls gilt:

U𝔘𝒯(0A)n(U)nn(U),λ𝕂:λznU.

Beweisaufgabe

Beweisen Sie den obigen Satz unter Verwendung der Stetigkeit der Multiplikation in einer topologischen Algebra.

  • Starten Sie zunächst mit p-Gaugefunktionale, die submultiplikativ sind,
  • Verallgemeinern Sie dann die Aussage für beliebige topologische Algebren über die Ungleichung:
xyαxαyα

KP-Lemma: Reihenkonvergenz

Sei (A,𝒜)𝒯e(𝕂), dann gilt:

z𝒦𝒫(A)(λk)k𝕂0,α𝒜:k=0λkzkα<.

Beweis - Reihenkonvergenz

Sei z𝒦𝒫(A), so gilt nach dem Lemma über kleine Potenzen - Gaugefunktionale für alle α𝒜

zn(α)α=0

Submultiplikative (p-)Gaugefunktionale

Bei submultiplikativen Gaugefunktionalen gilt auch für alle n>n(α) ebenfalls die Bedingung:

znα=znn(α)zn(α)αznn(α)αzn(α)α=0=0

Mit der Submultiplikativität erhält man über (p-)Homogenität dann

k=0λkzkα=k=0|λk|pzkα=k=0n(α)1λk|pzkα<.

Stetigkeit der Mulitplikation - (p-)Gaugefunktionale

Bei submultiplikativen (p-)Gaugefunktionalen nutzt man die Stetigkeit der Multiplikation und es existiert ein β𝒜, sodass für alle n>n(β) ebenfalls die Bedingung:

znα=znn(β)zn(β)αznn(β)βzn(β)β=0=0

Mit der Stetigkeit der Multiplikation erhält man über (p-)Homogenität ebenfalls

k=0λkzkα=k=0|λk|pzkαk=0n(β)1λk|pzkα<.

Elemente ohne kleine Potenzen

Ist z𝒦𝒫(A), dann existiert ein Uα:=B1α(0), so dass gilt:

nm(n)n,λm(n)𝕂:λm(n)zm(n)Uαλm(n)zm(n)α1.

Reihendivergenz

Durch die Indizierung mit m(n) statt k summiert man nur über einen Teil der Reihe mit den von 0 verschiedenen Summanden. Damit erhält man insgesamt die Divergenz der Reihe über

n=1λm(n)zm(n)α1=.

Insgesamt folgt die Äquivalenz der beiden Aussagen aus dem Lemma.

Satz: Kleine Potenzen - Ideal

Sei A𝒯k(𝕂), dann ist 𝒦𝒫(A) ein Ideal in A.

Beweis

Mit dem Lemma über Produkte mit kleinen Elementen, erhält man

A𝒦𝒫(A)𝒦𝒫(A).

Multiplikation mit Skalaren

Insbesondere gilt mit z𝒦𝒫(A) und 𝕂zn(U)U für alle U𝔘(0) auch

𝕂(λz)n(U)=𝕂λn(U)zn(U)𝕂zn(U)U mit λ𝕂.

Additivität von zwei Elementen mit KP

Es bleibt zu zeigen, dass auch die Summe von zwei Elementen aus 𝒦𝒫(A) wieder kleine Potenzen besitzt.

Anwendung - Stetigkeit der Addition

Wegen der Stetigkeit der Addition gibt es für jedes U𝔘(0) ein V𝔘(0) mit V+VU. Mit der Definition von 𝒦𝒫(A) gilt für x,y𝒦𝒫(A):

𝕂xm(V),𝕂yn(V)V für alle V𝔘𝒯(0A).()

Maximum von Exponenten für KP-Elemente

Man setzt k(V):=max{m(V),n(V)} für alle V𝔘(0). Damit bleibt die Inklusion () nach Korollar \ref{CorKPn} erhalten, d.h. es ist

𝕂xk(V),𝕂yk(V)V für alle V𝔘𝒯(0A).

Betrachtung einzelner Summanden

Multipliziert man (x+y)2k(V) aus, so hat jeder Summand die Form λ(i,j)xiyj mit jk(V) oder ik(V) und geeignet gewählte Koeffizienten λ(i,j).

Ausklammern von Faktoren mit minimalen Exponenten

Klammert man bei den jeweiligen Summanden xk(V) bzw. yk(V) aus, dann lässt sich die faktorisierte Summe für passende a,bA wie folgt schreiben:

axk(V)V+byk(V)VV+VU.

KP-Summen - kleine Potenzen

Also gilt 𝕂(x+y)2k(V)U und 𝒦𝒫(A) ist ein Ideal in A.

Bemerkung: Elemente mit kleinen Potenzen und Invertierbarkeit

Das folgende Lemma bereitet die Aussage vor, dass Elemente mit kleinen Potenzen permanent singuläre Elemente sind. Dazu zunächst gezeigt, dass Elemente mit kleinen Potenzen in einer topogischen Algebra (A,𝒯) nicht invertierbar sein können.

KP-Lemma: Invertierbarkeit

Ein Element z𝒦𝒫(A) mit A𝒦(𝕂)e ist nicht invertierbar, d.h. z𝒢(A).

Beweis: Invertierbarkeit

Beweis durch Widerspruch: Sei z𝒦𝒫(A).

Annahme: Sei z𝒢(A) und sei z1 das inverse Element zu zA.

Hausdorff-Eigenschaft und Stetigkeit der Multiplikation

Da A Hausdorff'sch ist, gibt es eine Nullumgebung Ue𝔘𝒯(0A), die das Einselement e nicht enthält. Zu Ue kann man über die Stetigkeit der Multiplikation auf A ein Ve𝔘𝒯(0A) finden mit Ve2Ue.

Anwendung der KP-Eigenschaft

Aus z𝒦𝒫(A) folgt für die Nullumgebung Ue

n(Ve)λ𝕂:λzn(Ve)Ue.

Weil jede Nullumgebung (also insbesondere auch Ve) absorbierend ist, gibt es ein λn(Ve)>0 mit

λn(Ve)zn(Ve)=(z1)n(Ve)Ve.

Widerspruch zu Annahme der Invertierbarkeit

Damit ergibt sich der Widerspruch wie folgt:

Ue∌e=zn(Ve)zn(Ve)=λn(Ve)zn(Ve)Ve1λn(Ve)zn(Ve)VeVe2VeVe=Ve2Ue.

Damit folgt die Behauptung.

KP-Lemma: permanent singulär

Sei z𝒦𝒫(A) mit A𝒦e, dann ist z ein permanent singuläres Element.

Aufgabe für Studierende

Zeigen Sie, dass Elemente mit kleinen Potenzen permanent singuläre Elemente sind!

  • Hinweis 1: Verwenden Sie, dazu die Definition der Algebraerweiterung und beweisen Sie, dass ein Element mit kleinen Potenzen auch in jeder Algebraerweiterung B von A kleine Potenzen besitzt.
  • Hinweis 2: Verwenden Sie das obige Lemma, dass Elemente mit kleinen Potenzen nicht invertierbar in einer Algebra A sein können.

Siehe auch

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  1. Zelazko Wieslaw, (1983) On permanent radicals in commutative locally convex algebras, Studia Math. 75, S. 265-272