Komplexe Zahl: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 7. Januar 2025, 10:30 Uhr

Erweiterung des Zahlbereiches

Die komplexen Zahlen erweitern den Zahlenbereich der reellen Zahlen derart, dass die Gleichung x2=1 lösbar wird, die in nicht lösbar ist, da x20 für alle x gilt. Die Lösbarkeit gelingt durch Einführung einer neuen imaginären Zahl i mit der Eigenschaft i2=1. Diese Zahl i wird als imaginäre Einheit bezeichnet. Datei:Audio0 komplexe zahl ft.ogg

Darstellung komplexer Zahlen

Komplexe Zahlen können in der Form z=x+yi dargestellt werden, wobei x,y jeweils reelle Zahlen sind und i die imaginäre Einheit ist. Durch die Identifikation mit einem Vektor (x,y)2 kann man komplexe Zahlen in einem Koordinatensystem (Gaußsche Zahlenebene) darstellen. Datei:Audio1 komplexe zahl ft.ogg

Realteil und Imaginärteil

Die reellwertigen Koeffizienten x,y werden als Real- bzw. Imaginärteil von z=x+yi bezeichnet.

  • x=Re(z)=Re(x+yi) und
  • y=Im(z)=Im(x+yi)

Datei:Audio2 komplexe zahl ft.ogg

Gaußsche Zahlenebene

Kartesische Koordinatensystem

Polarkoordinaten

Verwendet man anstelle der kartesischen Koordinaten a=Re(z) und b=Im(z) Polarkoordinaten r=|z| und φ=arg(z) mit arg als der Argument-Funktion, kann man die komplexe Zahl z=a+bi auch in der folgenden, auf der eulerschen Relation beruhenden sogenannten Polarform (auch Polardarstellung)[1]

z=reiφ=r(cosφ+isinφ)

darstellen, die sich aus a=rcosφ und b=rsinφ ergibt.

 Datei:Audio4 komplexe zahl ft.ogg

Darstellung Polarkoordinaten

Polarkoordinaten und kartesisches Koordinatensystem

Datei:Audio5 komplexe zahl ft.ogg

e-Funktion und Trigonometrie

Die Darstellung mit Hilfe der komplexen e-Funktion reiφ heißt dabei auch Exponentialdarstellung (der Polarform), die Darstellung mittels des Ausdrucks r(cosφ+isinφ) trigonometrische Darstellung (der Polarform). Datei:Audio6 komplexe zahl ft.ogg

Eigenschaften

Der konstruierte Zahlenbereich der komplexen Zahlen bildet einen Erweiterungskörper der reellen Zahlen und hat eine Reihe vorteilhafter Eigenschaften, die in nicht gelten: Datei:Audio7 komplexe zahl ft.ogg

Fundamentalsatz der Algebra

Die komplexen Zahlen sind algebraische abgeschlossenen. der komplexen Zahlen. Dies bedeutet, dass in jede algebraische Gleichung positiven Grades über den komplexen Zahlen eine Lösung besitzt, was für reelle Zahlen nicht gilt.

x2+4=0 hat keine Lösung in und in die Lösungsmenge 𝕃={+2i,2i}

(siehe Fundamentalsatzes der Algebra). Datei:Audio8 komplexe zahl ft.ogg

Trigonometrie und Exponentialfunktion

In wird der Zusammenhang von trigonometrischen Funktionen und der Exponentialfunktion deutlich

eit=cos(t)+isin(t)

siehe Eulerformel. Datei:Audio9 komplexe zahl ft.ogg

Unterschied: komplexe und reelle Differenzierbarkeit

Jede auf einer offenen Menge einmal komplex differenzierbare Funktion dort auch beliebig oft differenzierbar. In der reellen Analysis ist die Funktion

f(x)=x2|x|

nur 2x reell differenzierbar, während f mit dem Definitionsbereich lediglich stetig ist und auf keine Umgebung komplex differenzierbar ist. Datei:Audio10 komplexe zahl ft.ogg

Teilmengenbeziehung zwischen reellen und komplexen Zahlen

Die reellen Zahlen lassen sich als Teilmenge der komplexen Zahlen im Sinne einer Teilmengenbeziehung zwischen Zahlbereichen auffassen. Dabei wird eine relle Zahl x mit der komplexen Zahl x+0i identifiziert. In der Gaußschen Zahlenebene entsprichen die rellen Zahlen den Punkten auf der x-Achse. Datei:Audio11 komplexe zahl ft.ogg

Komplexe Konjugation

Ändert man das Vorzeichen des Imaginärteils b einer komplexen Zahl z=a+bi, so erhält man die zu z konjugiert komplexe Zahl z¯=abi . Datei:Audio12 komplexe zahl ft.ogg

Rechenregeln Konjugation

Die Konjugation ,zz¯ ist ein (involutorischer) Körperautomorphismus, da sie mit Addition und Multiplikation verträglich ist, d. h., für alle y,z gilt

y+z=y¯+z¯,yz=y¯z¯.

Datei:Audio13 komplexe zahl ft.ogg

Geometrische Darstellung der Konjugation

In der Polardarstellung hat die konjugiert komplexe Zahl z¯ einen unveränderten Abstand zum Koordinatenursprung (also |z¯|=|z|) und besitzt gerade den negativen Winkel von z. Man kann die Konjugation in der komplexen Zahlenebene also als die Spiegelung an der reellen Achse interpretieren. Insbesondere werden unter der Konjugation genau die reellen Zahlen auf sich selbst abgebildet. Datei:Audio14 komplexe zahl ft.ogg

Geometrische Darstellung der Konjugation

Konjugation in Gaußschen Zahlenebene

Eine komplexe Zahl z=a+bi und die zu ihr konjugiert komplexe Zahl z¯=abi Datei:Audio15 komplexe zahl ft.ogg

Betrag

Der Betrag |z| einer komplexen Zahl z ist die Länge ihres Vektors in der Gaußschen Zahlenebene und lässt sich z. B. zu

|z|=a2+b2

aus ihrem Realteil Re(z)=a und Imaginärteil Im(z)=b berechnen. Als eine Länge ist der Betrag reell und nicht negativ. Datei:Audio16 komplexe zahl ft.ogg

Beispiel: Betrag

|239+i|=2392+12=57121+1=57122=1692

Datei:Audio17 komplexe zahl ft.ogg

Pythagoras

Den reellen Betrag vom Realteil a und Imaginärteil b kann man als Länge der Katheten in einem rechtwinkligen Dreieck mit Hypotenusenlänge c=|z| auffassen.

|z|=a2+b2

Datei:Audio18 komplexe zahl ft.ogg

Eigenschaften

In (,+,) gelten die folgenden Eigenschaften:

  • (AG/KG) Das Assoziativgesetz und das Kommutativgesetz gelten für die Addition und die Multiplikation komplexer Zahlen.
  • (DG) Das Distributivgesetz gilt.
  • (NE) O und 1 sind die neutralen Elemente der Addition bzw. der Multiplikation.
  • (IE+)Für jede komplexe Zahl z existiert eine komplexe Zahl z mit z+(z)=0.
  • (IE) Für jede von null verschiedene komplexe Zahl z existiert eine komplexe Zahl z1 mit zz1=1.

Datei:Audio19 komplexe zahl ft.ogg

Rechnen in der algebraischen Form

Die algebraischen Eigenschaften ergeben sich unmittelbar aus der Definition der beiden Verknüpfungen. Datei:Audio20 komplexe zahl ft.ogg

Addition

Für die Addition zweier komplexer Zahlen z1=a+bi mit a,b und z2=c+di mit c,d gilt

z1+z2=(a+c)+(b+d)i.

Datei:Audio21 komplexe zahl ft.ogg

Vektorielle Veranschaulichung Addition

Die Addition zweier komplexer Zahlen in der komplexen Ebene veranschaulicht

Datei:Audio22 komplexe zahl ft.ogg

Subtraktion

Für die Subtraktion zweier komplexer Zahlen z1 und z2 (siehe Addition) gilt

z1z2=(ac)+(bd)i.

Datei:Audio23 komplexe zahl ft.ogg

Multiplikation

Für die Multiplikation zweier komplexer Zahlen z1 und z2 (siehe Addition) gilt

z1z2=(ac+bdi2)+(ad+bc)i=(acbd)+(ad+bc)i.

Datei:Audio24 komplexe zahl ft.ogg

Division

Für die Division der komplexen Zahl z1 durch die komplexe Zahl z2 (siehe Addition) mit z20 erweitert man den Bruch mit der zum Nenner z2 konjugiert komplexen Zahl z¯2=cdi. Der Nenner wird dadurch reell (und ist gerade das Quadrat des Betrages von c+di):

z1z2=(a+bi)(cdi)(c+di)(cdi)==ac+bdc2+d2+bcadc2+d2i.

Datei:Audio25 komplexe zahl ft.ogg

Rechenbeispiel Addition:

(3+2i)+(5+5i)=(3+5)+(2+5)i=8+7i

Datei:Audio26 komplexe zahl ft.ogg

Rechenbeispiel Subtraktion:

(5+5i)(3+2i)=(53)+(52)i=2+3i

Datei:Audio27 komplexe zahl ft.ogg

Rechenbeispiel Multiplikation:

(3+5i)(4+11i)=(34511)+(311+54)i=43+53i

Datei:Audio28 komplexe zahl ft.ogg

Rechenbeispiel Division:

(2+5i)(3+7i)=(2+5i)(3+7i)(37i)(37i)=
=(6+35)+(15i14i)(9+49)+(21i21i)=41+i58=4158+158i

Datei:Audio29 komplexe zahl ft.ogg

Aufgabe

  • Sei z=z1+iz2{0} gegeben. Lösen Sie das Gleichungssystem:
zx=1=1+0i
mit x=x1+ix2 und x1,x2
  • Zwei komplexe Zahl sind gleich, wenn diese bzgl. Realteil und Imaginärteil übereinstimmen. Dadurch entsteht ein Gleichungssystem mit zwei Gleichungen und den beiden Unbekannten x1,x2

Datei:Audio30 komplexe zahl ft.ogg

Komplexe Zahlen als reeller Vektorraum

Der Körper der komplexen Zahlen ist einerseits ein Oberkörper von , andererseits ein zweidimensionaler -Vektorraum. Der Isomorphismus 2 wird auch als natürliche Identifikation bezeichnet. In der Regel nutzt man dies auch, um formell als 2 mit der entsprechenden komplexen Multiplikation zu definieren und dann i:=(0,1)T zu setzen. Dabei hat die Gleichung z2=1 in den komplexen Zahlen zwei Lösungen. Dabei kann die Wurzel als Abbildung aber einen definierten Wert (wie in der reellen Analysis) besitzen 1=+i.

Datei:Audio31 komplexe zahl ft.ogg

Basis des Vektorraumes

Als -Vektorraum besitzt die Basis {1,i}. Daneben ist wie jeder Körper auch ein Vektorraum über sich selbst, also ein eindimensionaler -Vektorraum mit Basis {1}. Datei:Audio32 komplexe zahl ft.ogg

Keine Ordnungsrelation in komplexen Zahlen

ist im Gegensatz zu kein geordneter Körper, d. h., es gibt keine mit der Körperstruktur verträgliche lineare Ordnungsrelation auf . Von zwei unterschiedlichen komplexen Zahlen kann man daher nicht sinnvoll (bezogen auf die Addition und Multiplikation in ) festlegen, welche von beiden die größere bzw. die kleinere Zahl ist.

Datei:Audio32a komplexe zahl ft.ogg

Zusammenhang Darstellungsformen

Gaußsche Ebene mit einer komplexen Zahl in kartesischen Koordinaten (a,b) und in Polarkoordinaten (r,φ)

Datei:Audio33 komplexe zahl ft.ogg

Algebraische Form - Polarform

Während sich die Menge der reellen Zahlen durch Punkte auf einer Zahlengeraden veranschaulichen lässt, kann man die Menge der komplexen Zahlen als Punkte in einer Ebene (komplexe Ebene, gaußsche Zahlenebene) darstellen. Dies entspricht der „doppelten Natur“ von als zweidimensionalem reellem Vektorraum. Datei:Audio34 komplexe zahl ft.ogg

Punkte - Vektoren

Gemäß Definition entspricht die Addition komplexer Zahlen der Vektoraddition, wobei man die Punkte in der Zahlenebene mit ihren Ortsvektoren identifiziert. Die Multiplikation ist in der gaußschen Ebene eine Drehstreckung, was nach Einführung der Polarform weiter unten klarer werden wird (siehe Geogebra-Beispiel). Datei:Audio35 komplexe zahl ft.ogg

Umrechnungsformeln: algebraische Form in die Polarform

Für z=a+bi in algebraischer Form ist

r=|z|=a2+b2=zz.

Für z=0 kann das Argument mit 0 definiert werden, bleibt aber meist undefiniert. Für z0 kann das Argument φ im Intervall (π;π] mit Hilfe einer trigonometrischen Umkehrfunktion, bspw. mit Hilfe des Arkuskosinus

φ=arg(z)={arccosarfu¨r b0arccosarsonst

ermittelt werden. Datei:Audio36 komplexe zahl ft.ogg

Umrechnungsformeln: Polarform in die algebraische Form

a=𝔢(z)=rcosφ
b=𝔪(z)=rsinφ

Wie weiter oben stellt a den Realteil und b den Imaginärteil jener komplexen Zahl z=a+ib dar. Datei:Audio37 komplexe zahl ft.ogg

Arithmetische Operationen in der Polarform

Durch arithmetische Operationen sind folgende Operanden miteinander zu verknüpfen:

z1=r(cosφ+isinφ)=reiφ
z2=s(cosψ+isinψ)=seiψ

Bei der Multiplikation werden die Beträge r und s miteinander multipliziert und die zugehörigen Phasen φ bzw. ψ addiert. Bei der Division wird der Betrag des Dividenden durch den Betrag des Divisors geteilt und die Phase des Divisors von der Phase des Dividenden subtrahiert. Für die Addition und die Subtraktion existiert auch eine, etwas kompliziertere, Formel: Datei:Audio38 komplexe zahl ft.ogg

Trigonometrische Form - Multiplikation

Die Multiplikation von zwei komplexen Zahlen entspricht dem Addieren der Winkel und dem Multiplizieren der Beträge.
z1z2=rs(cos(φ+ψ)+isin(φ+ψ))

Datei:Audio39 komplexe zahl ft.ogg

Trigonometrische Form - Division

z1z2=rs[cos(φψ)+isin(φψ)]
Die Division von zwei komplexen Zahlen entspricht dem Subtrahieren der Winkel und dem Dividieren der Beträge.

Datei:Audio40 komplexe zahl ft.ogg

Exponentialform

  • z1z2=rsei(φ+ψ)
  • z1z2=rsei(φψ)

Datei:Audio41 komplexe zahl ft.ogg

Realteil- und Imaginärteilfunktion

Sei f:V so definiert man die Realteilfunktion und Imaginärteilfunktion als reellwertige Abbildung wie folgt.

  • g:V mit g(z):=𝔢(f(z)) und h:V mit h(z):=𝔪(f(z))
  • f(z)=g(z)+ih(z) für alle zV

(siehe auch Cauchy-Riemann-Differentialgleichungen)

Geschichte

Der Begriff „komplexe Zahlen“ wurde von Carl Friedrich Gauß (Theoria residuorum biquadraticorum, 1831) eingeführt, der Ursprung der Theorie der komplexen Zahlen geht auf die italienischen Mathematiker Gerolamo Cardano (Ars magna, Nürnberg 1545) und Rafael Bombelli (L’Algebra, Bologna 1572; wahrscheinlich zwischen 1557 und 1560 geschrieben) zurück.[2] Datei:Audio42 komplexe zahl ft.ogg

Literatur

  • Paul Nahin: An imaginary tale. The story of 1. Princeton University Press, 1998.
  • Reinhold Remmert: Komplexe Zahlen. In D. Ebbinghaus u. a. (Hrsg.): Zahlen. Springer, 1983.

Siehe auch

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